#149 Volker Leppin – Abendmahl für alle? –
Himmelklar
Können Katholiken und Protestanten irgendwann gemeinsam zur Kommunion? Der Theologieprofessor Volker Leppin wünscht sich das. Mit dem "Ökumenischen Arbeitskreis" hat er 2020 das Dokument "Gemeinsam am Tisch des Herrn" veröffentlicht. Im Podcast erklärt er, warum es eigentlich Unterschiede gibt zwischen Eucharistie und Abendmahl – und wie wir diese Unterschiede überwinden könnten.
Gehört: Trey Anastasio – Mercy Band Of Horses – Things Are Great Beirut – Artifacts Blues Traveler – 1989-01-10 – CBGB, New York, NY Blues Traveler – 1992-05-15 – Boulder Theatre, Boulder, CO Blues Traveler – 1993-04-08 – Palace Theater, New Haven, CT Blues Traveler – 1993-04-09 – Roseland Ballroom, New York, NY Blues Traveler – 1996-08-20 – Darien Lake Performing Arts Center, Darien Center, NY (sbd) Blues Traveler – 1998-07-28 – Molson Amphitheatre, Toronto, ON, Canada Blues Traveler – 2004-04-23 – Riverfest, Columbus, GA Blues Traveler – 2004-12-05 – Lajes Air Base, Lajes, Portugal Blues Traveler – 2004-12-08 – Incirlik Air Base, İncirlik, Turkey Blues Traveler – 2005-07-15 – Rams Head Live, Baltimore, MD Blues Traveler – Sharing The Stage: 1994 Bon Iver – Bon Iver (10th Anniversary Edition) Holly Bowling – The Wilderness Sessions Vol. 1-11 Lindsay Nichole Chambers – This is the Cord, This is the Note Circles Around The Sun – Live At The Charleston Pour House 11/12/21 Avishai Cohen et. al. – Naked Truth Danielia Cotton – Good Day Dawes – 2021-11-05 – Calvin College Grand Rapids, MI (Taylor solo) Dawes – 2021-11-30 – The Commonwealth Room, Salt Lake City, UT Dawes – 2021-12-01 – Washington’s, Fort Collins, CO Dawes – 2021-12-05 – Turner Hall, Milwaukee, WI Dawes – 2021-12-08 – The Pageant Saint Louis, MO Simone Dinnerstein – Undersong Eels – Extreme Witchcraft Flipturn – Flipturn on Audiotree Live Fortuna Ehrenfeld – Solo I. Jake Xerxes Fusell – Good And Green Again Charlie Gabriel & Preservation Hall Jazz Band – 89 Goose – 2021-11-21 – Denver, CO Goose – 2021-12-31 – Chicago, IL Gov’t Mule – 2022-01-16 – Island Exodus, Runaway Bay, JAM Gov’t Mule – 2022-01-18 – Island Exodus, Runaway Bay, JAM Gov’t Mule – 2022-01-19 – Island Exodus, Runaway Bay, JAM Joshua Hyslop – Cedar Jamestown Revival – Young Man Rene Lopez – Bet You Thought I’d Die MINCK – Schöne Grüße an die Welt My Morning Jacket – 2021-10-29 – Alabama Theatre, Birmingham, AL (sbd) North Mississippi Allstars – Set Sail Aiofe O’Donovan – Age Of Apathy Joan Osborne – Radio Waves Lee Pardini – Homebodies+ Kito Peters & Jono Manson – Days Of Peace Phish – 2021-12-31 – The Ninth Cube, Rock Lititz Studio, Lititz, PA Phish – 2022-02-24 – Riviera Maya, MX Phish – 2022-02-25 – Riviera Maya, MX Phish – 2022-02-26 – Riviera Maya, MX Phish – 2022-02-27 – Riviera Maya, MX Pinegrove – 11:11 Pinegrove – 2022-01-28 – Mandolin, Virtual, Nashville, TN (album release show, webcast) Spafford – Hindsight (A Live Compilation) Spin Doctors – 1989-08-24 – Prospect Park Music Pagoda, Brooklyn, NY Spoon – Lucifer On The Sofa The Verve Pipe – Threads Weezer – SZNZ: Spring Yonder Mountain String Band – Get Yourself Outside
„Herr, mache mich zu einem Werkzeug Deines Friedens!” Dieses Gebet geht mir dieser Tage durch den Kopf. Es wird oft dem Heiligen Franziskus von Assisi zugeschrieben, ist aber erst kurz vor dem Ersten Weltkrieg in Frankreich entstanden und wurde in den Kriegsjahren international bekannt.
Damals wie heute drückt es die Sehnsucht nach Frieden aus. Der sollte ja der Normalzustand auf der Welt sein: die Abwesenheit von Gewalt und Unterdrückung. Die Möglichkeit, dass sich alle frei entwickeln können. Diesen “göttlichen” Frieden mitgestalten zu können – darum geht’s in dem Gebet.
Nun sind aber russische Truppen in die Ukraine eingedrungen, sterben und leiden Menschen, sind Hunderttausende auf der Flucht. Was kann ich einzelner denn da schon groß ausrichten? Ist dieses Gebet doch nix weiter als ein hübscher frommer Wunsch für Friedenszeiten, praxisuntauglich im Krieg?
Ganz und gar nicht. Gerade jetzt kann ich zeigen, was für ein nützliches Friedenswerkzeug ich sein kann! Indem ich auf Anti-Kriegs-Demos gehe. Hilfe mitorganisiere. Geld spende. Bei Friedensgebeten innehalte. Gewiss, nichts davon dürfte den Machthaber im Kreml umstimmen. Aber es zeugt von Mitgefühl und Solidarität. Auch das brauchen die unter dem Krieg leidenden Menschen.
Herr, mache mich zu einem Werkzeug Deines Friedens – und die anderen, die Mächtigen und Starken dieser Welt, bitte, bitte auch.
Hinweis: Diesen Text habe ich für die Leipziger Volkszeitung geschrieben, in der er am 4. März 2022 in der Kolumne “Der Gedanke zum Wochenende” erschienen ist.
Johannes der Täufer war auf 180. Mitten in der Wüste rief er die Menschen zur Umkehr auf. Mit sehr, sehr deutlichen Worten. Bibel-Kostprobe gefällig? „Ihr Schlangenbrut, wie könnt Ihr euch so sicher sein, dass ihr dem Zorn Gottes entkommt?“
Der Prediger ist unmissverständlich: wer nicht so lebt, wie Gott das will, für den wird’s ungemütlich. Da wollten die Leute natürlich von Johannes wissen: Was will Gott denn nun genau von uns? Auch hier kriegen sie eine klare Ansage: „Wer zwei Hemden hat, gebe dem, der keines hat, und wer was zu essen hat, der teile mit den Hungrigen.“ Oder in den Worten von Jesus: „Liebe Deinen Nächsten wie dich selbst“.
All das ist mehr als 2000 Jahre her. Wie krass ist es bitteschön, dass diese eine, einfache Regel immer noch nicht bei allen angekommen ist? Nach wie vor gibt es Kriege, Ungerechtigkeiten, Egoismus, Gewalt …
Seid lieb zueinander. Macht Euch nicht gegenseitig das Leben schwer. Denkt auch an die anderen. Das ist es doch eigentlich schon. Das braucht es laut Johannes und Jesus für eine bessere, göttlichere Welt.
Es ist wohl echt so simpel: ich muss mich nur immer mal wieder daran erinnern, kein Mistkerl zu sein und dann versuchen, auch so zu leben. Schon wird die Welt etwas gerechter, wird sie ein wenig mehr so, wie Gott sich das für alle Menschen wünscht.
Das kann doch nicht so schwer sein, oder?
Hinweis: Diesen Text habe ich für die Leipziger Volkszeitung geschrieben, in der er am 21. Januar 2022 als Teil der Kolumne “Der Gedanke zum Wochenende” erschienen ist.
Mal wieder ein wenig Werbung in eigener Sache: für den Podcast Mit Herz und Haltung habe ich mich mit dem Theologieprofessor und Bob-Dylan-Auskenner Knut Wenzel über Dylans Lebenswerk und seine Suche nach Gott unterhalten – kleine Exkurse zu Leonard Cohen, Van Morrison und Sinéad O’Connor inklusive. Hoffentlich interessant für Dylan-Einsteiger und -Fortgeschrittene, hier geht’s zur Folge (gibt’s natürlich auch bei Spotify, Apple Podcasts, Google Podcasts).
Boah, noch so ein Jahr wie 2020. Also, eines im Zeichen der Pandemie. Mit Ungewissheiten, Unwägbarkeiten, angepassten Plänen, verworfenen Plänen und einer gewissen Planlosigkeit. Mit Impfen und Schimpfen, mit Hoffen und Bangen, mit Trauern und ganz viel Sehnsucht nach Normalität. Mittendrin ein Sommer, in dem sich vieles wieder „normaler“ anfühlte – bevor es im Herbst heftiger denn je weiterging: Corona, Delta, Omikron. Doch Gott sei Dank bleiben auch viele gute Erinnerungen an 2021: kleine Reisen nach Bamberg, Regensburg, München, Magdeburg. Der 15. Geburtstag meiner Band 2zueins! und die Veröffentlichung von „Helden mit Dellen“. Ich konnte podcasten und Radio machen und dabei häufiger im Büro als zu Hause arbeiten. Sogar ein paar eigene Gigs waren drin – solo, mit den 2zueins!ern und im Duo mit Robert. Ich war in Schwedt, Dresden, Zwickau, Gera, Jauernick, Hettstedt. Bei einem herrlich entspannten Patenkind-Schulanfang am Rhein. Und bei einem Klassentreffen in der alten Heimat. Überhaupt: Werdau ist und bleibt gern besuchte Wurzel mit Familie und Freunden. Auch 2022 wird vermutlich kein Jahr, in dem alle Pläne aufgehen und überall Friede und Fröhlichkeit herrschen. Dennoch hoffe ich – für alle – auf weniger von dem, was 2021 so seltsam anstrengend gemacht hat und mehr von dem, was uns gut tut, gesund hält und froh macht.
Danke, werter Besucher, für’s Mitlesen, Dabeisein, Begleiten und Beobachten im Jahr 2021 – ich freue mich auf 2022 und viele neue Lieder, Bücher, Reisen, Eindrücke, Momente und Blogeinträge.
Gehört: Brandi Carlile – In These Silent Days Cobi – Songs From The Ashes Dawes – 2021-08-20 – Fred The Festival, LOCKN Farm, Arrington, VA Dawes – 2021-10-02 – Ryman Auditorium, Nashville, TN Dawes – 2021-10-26 – Orpheum, Boston, MA Dawes – 2021-10-27 – Gateway City Arts, Holyoke, MA Dawes – 2021-11-03 – Taft Theater, Cincinnati, OH Dawes – 2021-11-04 – XL Live, Harrisburg, PA Dawes – 2021-11-18 – The Showbox, Seattle, WA Dawes – 2021-11-19 – Crystal Ballroom, Portland, OR Dawes – 2021-11-21 – Fremont Theatre, San Luis Obispo, CA Dawes – 2021-11-26 – The Fonda Theatre, Los Angeles, CA Dawes – 2021-11-27 – The Fonda Theatre, Los Angeles, CA Desparecidos – Read Music / Speak Spanish Desparecidos – The Happiest Place On Earth Desparecidos – Payola Dopapod – 2021-12-03 – Miramar Theatre Milwaukee, WI Bob Dylan – The Reggae Remix EP Goose – 2021-10-31 – The Palladium, Worcester, MA Goose – 2021-11-16 – Tower Theatre Oklahoma City, OK Goose – 2021-11-22 – The Mission Ballroom Denver, CO Gov’t Mule – Heavy Load Blues (Deluxe Edition) Martyn Joseph – 1960 Sarah Lesch – Triggerwarnung London Grammar – Californian Soil Dave Matthews Band – 2021-09-17 – Saratoga Performing Arts Center, Saratoga Springs, NY Dave Matthews Band – 2021-11-05 – Nationwide Arena, Columbus, OH Dave Matthews Band – Live Trax, Vol. 57: 1998-08-01 – Meadows Music Theatre, Hartford, CT Dave Matthews Band – Live Trax, Vol. 58: 2000-06-22 – Deer Creek Music Centre, Noblesville, IN Christy Moore – Flying Into Mystery My Morning Jacket – My Morning Jacket Phish – 2021-10-31 – MGM Grand Garden Arena, Las Vegas, NV Phish – Live Bait Vol. 18 John Popper – 1991-08-21 – Wetlands Preserve, New York, NY Próxima Parada – Second Brother Nathaniel Rateliff & The Night Sweats – The Future Josh Ritter – Best Of The Silo Sessions Marco Schmedtje – Marzipan Various – Salvation. Inspired by The Cranberries for Pieta Various – Highway Butterfly: The Songs Of Neal Casal
Gesehen: Michael Arnold & Stephan Rommelspacher, Propstei, Leipzig Goose, Worchester MA (webcast) Goose, Kansas City, MO (webcast) My Morning Jacket, Birmingham, AL (webcast) Voicemade, Propstei, Leipzig
Gelesen: Mirjam Gräve, Hendrik Johannemann et al. – Katholisch und Queer. Eine Einladung zum Hinsehen, Verstehen und Handeln Klaus Mertens – Den Kreislauf des Scheiterns durchbrechen: Damit die Aufarbeitung des Missbrauchs am Ende nicht wieder am Anfang steht Knut Wenzel – HoboPilgrim. Bob Dylans Reise durch die Nacht
10 Tom Morello feat. Ben Harper – Raising Hell And the road is always paved with shooting stars
9 Sebastian Block – Zur Hälfte vollkommen Pech in der Liebe und doch nie gewonnen – das Spiel meines Lebens, zur Hälfte vollkommen
8 Gov’t Mule – If Heartaches Were Nickels If wine and pills were hundred dollar bills, I might keep you satisfied and if broken dreams werе limousines, oh, you know I might take you for a ride
7 Jake Bugg – Scene Did I ever really hurt you? Or is it just the way you always leave?
6 Kyle Falconer – Miracle Happens I love the way you leave me behind
5 Blues Traveler feat. John Scofield & Rita Wilson – Crazy Ha, bless your soul. You really think you’re in control?
4 My Morning Jacket – In Color You gotta believe it sounds better, in color. All the rainbow to hear
3 Selig – Zeitlupenzeit Liegt es an dir oder liegt es am Geld oder liegt es am Ende dеr Welt?
2 Pinegrove – Orange I try to warn my senator, he said that he invented it and that I should feel happy he talked to me at all
1 Fortuna Ehrenfeld – Das Imperium rudert zurück Buongiorno, wildes Leben, ich halt das nicht mehr aus. Im Kopf so viel Ideen und die müssen halt jetzt raus
Meine zehn Lieblingslieder 2021 gibt’s hier als Spotify-Playlist.
Was hatte ich im letzten Jahr an dieser Stelle geschieben?
Ich wünsche mir sehr, dass sie bald zurück kommt, die Livemusik. Und dass ich im nächsten Jahr dieser Stelle wieder von wunderbaren Konzertmomenten schwärmen kann.
Das Foto ganz oben zeigt einen Ausschnitt aus meinem Feedreader, aus dem Ordner „Musik-Nachrichten“, Ende Dezember 2021. Eine US-Band nach der anderen cancelt ihre für Silvester geplanten Konzerte. Hier in Deutschland ist schon seit ein paar Wochen wieder weitestgehend Schluss mit Livemusik, die aktuelle Covid-Situation macht ein business as usal für Bands, Künstler*innen, Veranstaltungsagenturen, Bühnenarbeiter*innen u.v.a.m. nach wie vor unmöglich. Bei allem Verständnis für die dringend nötigen pandemieeindämmenden Maßnahmen: für viele Menschen, die im weitesten Sinne in der Unterhaltungsbranche arbeiten, ist die Lage erneut existenzbedrohend geworden.
Was für diese Leute an die Substanz geht, ist für Livemusikfreund*innen wie mich erstmal „nur“ schade: auch in diesem Jahr waren Live-Momente die große Ausnahme für mich, ich konnte nicht annähernd so oft wie „vor Corona“ zu Konzerten gehen, geschweige denn zu Konzerten reisen. Es fehlt mir ungemein, dieses Erlebnis, zusammen mit vielen anderen tollen Menschen beim Musikmachen zuzuschauen. Wie sehr ich das vermisse, spürte ich bei den paar Gelegenheiten, die sich dann doch im zurückliegenden Jahr ergaben:
In dieser herrlich entspannten Sommernacht auf der Koppel in Fraureuth etwa, in der Stoppok für uns aufspielte. Oder Ende August, als Gisbert zu Knyphausen und Kai Schumacher mit ihrem fantastischen „Lass irre Hunde heulen“-Franz-Schubert-Programm auf der Geyserhaus-Parkbühne in Leipzig gastierten. Oder bei diesem inspirierenden Orgelkonzert mit Prof. David Franke im Regensburger Dom.
Na klar, auch in diesem Jahr gab es Livestreams. Die wöchentlichen „Thirsty Thursday Happy Hours“ von Chris Barron haben mich sicher durch den Winter und das Frühjahr gebracht (Chris hat uns über ein gutes Vierteljahr hinweg ohne größere Wiederholungen mit mehr als 100 gespielten Songs einen Ritt durch sein gesamtes Oeuvre geschenkt, das war schon Weltklasse). Auch die wunderbaren Goose-Konzertmitschnitte bei Youtube haben mir das Jahr verschönert. Da waren auch noch Streams von – da isser wieder – Stoppok (sein legendärer Geburtstagslivestream im Februar war äußerst amüsant), Damien Dempsey, Dawes und zuletzt die Abschieds-Show von The Cat Empire. Und doch sind Livekonzerte auf dem Bildschirm für mich kein vollständiger Ersatz für das „echte Erlebnis“.
Bleibt zu hoffen, dass 2022 auch im Blick auf Livemusik besser wird als 2020 und 2021 – insbesondere für die, die in der Livebranche arbeiten und dringend wieder sowas wie Normalität im Job brauchen. Aber auch für Musikfreunde und passionierte Konzergänger*innen wie mich.
10 Sebastian Block – Dorngrund „Irgendwo in dieser großen Stadt“ hieß die Platte der Berliner Band Mein Mio, durch die ich einst auf Sänger Sebastian Block und sein famoses Songwriting aufmerksam wurde – 2009 war das. Mehr als zehn Jahre ist Sebastian nun schon solo unterwegs, bezeichnet sich lässig als „Liedermacher“ und liefert regelmäßig hörenswerte Platten. „Dorngrund“, sein 2021er Werk, ist ganz besonders rund geworden und kommt mit seiner melancholisch-zaghaften Grundhaltung und dem ständigen Pendeln zwischen Tiefgang und Nonchalance genau zur richtigen Zeit.
9 Kyle Falconer – No Love Songs For Laura Gleich noch ein Künstler, der mal einer Band vorstand: erzählte der frühere The View-Sänger auf seinem 2018er Solo-Debüt hauptsächlich vom Alkohol- und Drogenentzug, ist Album Nummer zwei ein Lob auf die Familie und die Liebe geworden. Selbstverständlich enthält diese detailreiche und mutig auf Hochglanz produzierte Singer-Songwriter-Platte ihrem Titel zum Trotz auch so einige Liebeslieder für „seine“ Laura. Dazu der vielleicht schönste Wunsch, den man 2021 mit Blick auf die Welt und den ganzen Rest überhaupt singen kann: … and I hope that we don’t turn into monsters.
8 Jake Manzi – Whatever My Heart Allows Junger Sänger und Songschreiber aus Northampton in Massachusetts, auf den ich durch seine Freundschaft zu den Dawes-Gebrüder Taylor und Griffin Goldsmith gestoßen bin, die auf Whatever My Heart Allows auch mitspielen. Ein ruhiges, jedoch nie langweiliges Album, das mich in Sound und Songwriting an 1972 vonJosh Rouse erinnert, das dennoch eigenständig und überraschend daherkommt. Aus der Zeit gefallener Kammer-Pop, der gern mit dem Folk, jedoch viel lieber noch mit dem Soul flirtet.
7 Brandi Carlile – In These Silent Days Das mit den ganz großen Gefühlen hat Brandi Carlile einfach drauf. Dazu diese Naturgewalt von einer Stimme… Ich war ein wenig in Sorge, dass „In These Silent Days“ eine allzu introvertierte Lockdown-Angelegenheit werden würde, doch die Sorge war unbegründet. Zehn kraftvolle Hymnen auf die Liebe, auf Selbstbestimmung und das Muttersein, irgendwo zwischen Pop, Alternative Country und Rock. Musik für unerschütterliche Optimisten, denn was ist the most powerful thing you can to do? Na klar: stay gentle!
6 Selig – Myriaden Zur Zeit kommt ja vieles anders als geplant – Selig können gleich mehrere Lieder davon singen. „Myriaden“ hätte bereits 2020 rauskommen sollen; die Tour zum Album musste schon x-mal verschoben werden, alles pandemiebedingt. Dabei hätten Jan, Stoppel, Christian und Leo für diese Platte mehr Normalität und damit mehr Aufmerksamkeit verdient. Erstmals seit den 90ern arbeiten die Seligen wieder mit Franz Plasa zusammen, doch tappen zum Glück nicht in die Nostalgie-Falle. Statt alte Sound-Klischees aufzuwärmen, gibt’s einen zeitgemäß produzierten, starken Songzyklus. Clever auch, mit den „Live Takes“ eine weniger polierte, rauere Version des Albums daneben zu stellen und so auch die zu bedienen, denen „Myriaden“ vielleicht doch etwas zu glatt daherkommt. Ach so … über den Totalausfalldas guilty pleasure „Spacetaxi“ breiten wir gütig und altersmilde den Mantel des Schweigens, ok?
5 Weezer – OK Human Mit gleich zwei großen Veröffentlichungen bereicherten Weezer das Musikjahr 2021. Die eine eine wunderbar alberne bis kauzige Hair-Metal-Hommage („Van Weezer“), die andere ein komplett analog eingespieltes Album gänzlich ohne E-Gitarren, dafür mit 38-köpfigem Orchester: „OK Human“ (natürlich eine Anspielung auf „OK Computer“, das 1997er opus magnum von Radiohead). Was – Überraschung! – hervorragend funktioniert. Vor allem, weil die Songs super sind: von „All My Favorite Songs“ bis „La Brea Tar Pits“ liefert Rivers Cuomo durchgehend starkes Material. Auch die diebische Freude daran, mal mit Streichern, Bläsern, Pauken und Flöten zu arbeiten, ist die ganze Zeit über deutlich hörbar – was für ein Vergnügen!
4 Jake Bugg – Saturday Night, Sunday Morning Viele hatten den stets etwas genervt wirkenden Briten ja bereits abgeschrieben – konnte er doch in den letzten Jahren nicht mehr an die Riesenerfolge anknüpfen, die er bereits als Teenager mit seinen ersten beiden Alben feiern konnte. Doch Mr. Bugg macht unbeirrt weiter und hat sich eine Sound-Frischzellenkur verordnet. Geblieben ist Jakes durch Mark und Bein gehender Gesang; sein eher klassisches Songwriting mischt sich neuerdings aber herrlich respektlos mit Pop- und Electronica-Elementen. Das klingt nicht nach Abstellgleis und has-been, sondern nach ganz großer Bühne und ready for prime time.
3 Goose – Shenanigans Nite Club Eine ganze Generation neuer Jambands erspielt sich seit geraumer Zeit in den USA ihr Publikum – wenn nicht gerade pandemiebedingt Zwangspause herrscht. Sie heißen Tauk, Spafford, Pigeons Playing Ping Pong oder Dopapod. Oder eben Goose: fünf Freunde aus Norwalk in Connecticut, die gerade vom Geheimtipp zum Headliner avancieren und die Corona-Zeit clever für sich zu nutzen wissen, etwa durch das ständige Veröffentlichen ganzer Shows bei Youtube. Die Studioproduktion „Shenanigans Nite Club“ fängt vielleicht nicht vollständig die Partystimmung ein, die bei Goose-Konzerten herrscht, sehr wohl aber die außergewöhnliche Musikalität und Spielfreude der Band.
2 Blues Traveler – Traveler’s Blues Wer hätte das gedacht: aus einem eher aus der Not geborenen Projekt („… dann machen wir halt ein Bluesalbum während der Pandemie, passt irgendwie …„) wird ein Grammy-nominierter Triumph. Die Band interpretiert Genreklassiker aus verschiedenen Epochen und legt den Blues-Kern von Rock- und Popklassikern frei („Roadhouse Blues“ von The Doors, „Crazy“ von Gnarls Barkley). Dazu hervorragend ausgewählte Gäste, die das Ganze veredeln und die Band zu Höchstleistungen anspornen. Man spürt, dass John Popper & Co. inzwischen im vierten Jahrzehnt gemeinsam Musik machen: zu einer derart inspirierten, cleveren und zugleich lässigen Blues-Session ist man wohl erst imstande, wenn man so erfahren und mit allen Wassern gewaschen ist wie Blues Traveler.
1 My Morning Jacket – My Morning Jacket Manchmal braucht es einen gewissen Abstand zum eigenen Schaffen, um für weitere, neue Großtaten bereit zu sein. Nach dem 2015er Release „The Waterfall“ hatten My Morning Jacket keine rechte Ahnung, wohin denn die weitere Bandreise führen könnte. Eine selbstverordnete, knapp zweijährige Pause hat Wunder gewirkt: unmittelbar nach der Rückkehr auf die Bühne ging die Band ins Studio, um den Zauber des (Wieder-)Anfangs zu nutzen. Ergebnis ist das selbstbetitelte neunte My Morning Jacket-Album, das wirklich alles hat, was diese Band ausmacht: große Songs, euphorische Jams, nerdige Gitarren- und Keyboardsounds und ein Aufeinander-eingespielt-Sein, das seinesgleichen sucht. Von wegen Schaffenskrise! Jim James und seinen Kollegen ist ein – hier darf man das bittschön mal schreiben – zeitloses Rock-Meisterwerk gelungen.
Meine zehn Lieblingsalben 2021 gibt’s hier als Spotify-Playlist.