Mein 2022: Lieblingslieder

Caamp – Believe
When that sun shines through to the break of dawn, you better grab the keys and leave the dogs at home

Harry Styles – Music For A Sushi Restaurant
You’re sweet ice cream, but you could use a Flake or two

Oehl – Ruh
Solang hier noch die Gala kommt, gibt’s Grund, sie auch zu lesen

Spoon – The Hardest Cut
The Hallelujah choir needs a score. And they’re knocking at my door, let them knock some more

Von Wegen Lisbeth – Meerschwein
Ausgerechnet in Lutherstadt Wittenberg sind nur zehn Prozent evangelisch. Ob Luthers Urenkel das interessiert? Wahrscheinlich wissen sie’s eh nicht

Ennio – Freister Mensch der Welt
Vielleicht kenn ich dich, doch du fällst mir nicht ein

Built To Spill – Elements
Swimming down the river white into the ocean blue, and in a cave beneath the ocean blue, you find another you

John Moreland – Generational Dust
It’s the perfect gift, all your cherished myths. Hey, can I get a lift if you’re going? Cause nothing much goes down in this purgatorial town. You mostly wait around not knowing

Goose – Dripfield
Rising like the weather, blood gets pumping redder, I know that life comes better, I know that life comes better in love

Felix Kramer – Oh wie schön das Leben is
Der Geruch von Schwimmbadchlor, Abschlusskonzert Klassenchor, Jamsessions und Trommelkreise, DJs auf Maturareise

Meine zehn Lieblingslieder 2022 gibt’s hier als Spotify-Playlist.

Siehe auch:
Lieblingslieder 2021 (Spotify), 2020 (Spotify), 2019 (Spotify), 2018 (Spotify), 2017 (Spotify), 2016 (Spotify), 2015 (Spotify), 2014 (Spotify), 2013 (Spotify), 2012 (Spotify), 2011 (Spotify), 2010 (Spotify),  2009 (Spotify),  2008. Alle Jahres-Lieblingslieder seit 2008 in einer Playlist: hier.

Mein 2022: Lieblingskonzerte

Harry Styles, Hamburg

An manchen Stellen fühlte sich dieses Konzertjahr wieder an wie vor der Pandemie: ich blicke auf viele schöne, intensive Abende zurück und freue mich, dass die Clubs und Säle wieder im Regelbetrieb geöffnet sind und Konzerte wieder zum Alltag dazugehören. Dennoch stelle ich einige Unterschiede zu „früher“ fest: ich hab den Eindruck, dass Bands aus den USA sich deutlich schwerer tun, im Moment nach Europa zu reisen und hier zu touren – Gründe gibt es viele, von der schweren Planbarkeit aufgrund gestiegener Produktionskosten über Hygieneauflagen und Coronarisiken bis hin zum akuten Personalmangel in der Branche.

Doch auch an mir selbst stelle ich eine Veränderung fest. Ich gehe derzeit seltener zu Konzerten, überlege länger beim Kartenkauf, verwerfe die ein oder andere Reiseidee, wo ich vor drei, vier Jahren keine Sekunde mit der Buchung gezögert hätte. Liegt’s am Älterwerden? Oder sind einfach zu wenige von „meinen“ Acts gerade unterwegs? Hab ich gerade andere Prioritäten? Mal schauen, wo da in der nächsten Zeit die (Konzert-)Reise hingeht. Eine Top 10 vermag ich auch in diesem Jahr nicht zusammenzustellen, sehr wohl will ich aber die Momente aufzählen, die für mich die schönsten Konzertabende 2022 darstellten.

Julia Pietrucha, Sopot

Da war im März Konstantin Wecker im Leipziger Gewandhaus, wir erlebten einen vom Krieg in der Ukraine tief bewegten Künstler, der sein Publikum einmal mehr mit klaren Worten und wunderschöner Musik begeisterte. Da waren Pinegrove im Hamburger Hafenklang, denen die Fans an den Lippen klebten und die ein an Intensität kaum zu überbietendes Set ablieferten. Da war Harry Styles im Hamburger Volksparkstadion, der 50.000 Menschen in Verzückung versetzte. Da waren Bright Eyes im Berliner Astra, die endlich ihr 2020er Album live präsentieren konnten und mich sprachlos machten – für mich die eindrücklichste Show des Jahres.

Aber auch die Counting Crows begeisterten mich mit ihrer bemerkenswerten Spielfreude. Obwohl ich die Musik der Band seit den Neunzigern höre und mag, war das Konzert im Berliner Huxleys für mich die Livepremiere. Ganz zufällig erlebte ich zudem den Auftritt von Julia Pietrucha auf dem Pier in Sopot mit – die polnische Sängerin hatte mit ihrem folkigen Pop genau die richtige Musik für einen nebligen Spätsommernachmittag am Ostseeufer parat und sorgte für einen perfekten Musikmoment, den man so kaum hätte vorher planen können.

Counting Crows, Berlin

Auch bin ich dankbar über all die Musik, die ich im Rahmen der Leipziger Abendlobe in der Propsteikirche hören und sehen durfte (ich gehöre zum Team, das die Reihe kuratiert). Nicht zu verachten auch einige Livestreams, etwa von Dawes, den Spin Doctors, Goose oder Pinegrove. Und auch die Handvoll eigener Gigs (mit 2zueins!, solo oder zusammen mit Robert Kratzsch im Handgemenge-Duo) haben großen Spaß gemacht.

Ein gutes Musikjahr also, vielleicht mit weniger Konzerten, als mir persönlich lieb gewesen wäre. Dafür waren die Shows, die ich gesehen habe, durch die Bank klasse. Für 2023 hängen bereits ein paar Tickets an der Pinnwand, die mich vorfreudig nach vorn blicken lassen. Bestimmt werden es noch ein paar mehr.

Bright Eyes, Berlin

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Mein 2022: Lieblingsalben

10 Lettuce – Unify
Das mag kein Jahr für große, ausgelassene Partys gewesen sein. Aber wenn mir dann doch mal nach guter Laune und tanzbarer Musik zumute war, hab ich mich sehr gern für Unify entschieden, das achte Album der Psychedelic-Funk-Gang Lettuce. Willkommener Gast auf dem Album übrigens: P-Funk-Ikone Bootsy Collins!

9 MINCK – Schöne Grüße an die Welt
Völlig unverständlich, warum so wenig über Oliver Mincks Musik geschrieben, so wenig von ihr geschwärmt wird. Mit den Bands Wolke und Die Sonne hat er Großes vollbracht, und solo macht er genau so weiter. Schöne Grüße an die Welt ist seine zweite Platte in zwei Jahren. Arrangements zum Niederknien, diese markante Stimme mit den ironischen Nuancen und Lieder, die sich in Hirn und Herz fräsen: „Es ist viel zu kalt, wir müssen tanzen!“

8 Spoon – Lucifer On The Sofa
Spoon? Hatte ich so gar nicht mehr auf dem Zettel. Ich mochte Gimme Fiction und Ga Ga Ga Ga Ga sehr, aber das ist ja nun auch schon wieder anderthalb Jahrzehnte her. Da kommen die plötzlich mit diesem Brett von einem Album um die Ecke! Lässiger, origineller Rock, modern, kein bisschen piefig – ein großer Spaß, dieser Lucifer On The Sofa.

7 Pinegrove – 11:11
Das Jahr ging richtig gut los, nämlich mit diesem Pinegrove-Geniestreich. Erstmals hat Ex-Death Cab For Cutie-Gitarrist Chris Walla die Aufnahmen des Kollektivs um Evan Stephens Hall abgemischt. Er war schlau genug, den Alternative Country-Sound der Band nicht groß zu verändern, sondern höchstens leicht zu polieren. Ob „Iodine“, „Habitat“, „Respirate“ oder „Swimming“ – dieses Album ist eine Songwriting- und Performance-Sternstunde.

6 Max Pope – Counting Sheep
Der Brite Max Pope verehrt Bill Withers und hat sich das eine oder andere von Kollegen wie Jason Mraz und Josh Rouse abgeguckt. Zum Glück, denn so klingt Counting Sheep zwar vertraut, aber trotzdem originell und frisch. Ein Album, so wärmend wie eine Umarmung am ersten Spätsommerabend der Saison.

5 Built To Spill – When The Wind Forgets Your Name
Im Gegensatz zu Spoon waren mir Doug Martsch und sein Bandprojekt Built To Spill stets sehr präsent. Und boten aller paar Jahre Anlass zu großer Freude; ja, wirklich jedes Built-To-Spill-Album lohnt sich, in Martschs neilyoungesken Indie-Gitarrenwelten lässt sich’s trefflich lustwandeln. When The Wind Forgets Your Name kickt mich dabei aber nochmal besonders intensiv.

4 Harry Styles – Harry’s House
Geiler Typ, Spitzenalbum: meiner Meinung nach war der Hype um Harry in diesem Jahr vollkommen berechtigt.

3 Dawes – Misadventures Of Doomscroller
Als Dawes 2021 auf einem Festival das komplette Paranoid-Album von Black Sabbath coverten, konnte man schon ahnen, wohin die Reise für die Band um Taylor Goldsmith geht: nach sieben Studioalben mit meist recht kompakten Songs wollten Dawes etwas wagen, ihre Grenzen austesten. Rausgekommen ist ein Reigen von sechs Songs mit einer Gesamtlänge von einer Dreiviertelstunde – mit vertrackten Zwischenstücken, ausufernden Outros und entspannten Soli. Ein Experiment, und zwar ein triumphales!

2 Delta Spirit – One Is One
Auch auf Delta Spirit ist Verlass, der Studio-Output ist stets hörenswert. Aber diesmal ist er, man gestatte mir etwas Euphorie, sensationell. Schon immer mischt die Band elektronische Sounds, eher konservatives Songwriting und klassischen Gitarrenrock, aber noch nie hat das für meine Ohren so hervorragend funktioniert wie diesmal. Toll auch, wie die Platte im zweiten Teil erst etwas analoger, rustikaler, „kleiner“ wird, dann aber mit dem wohl epischsten Albumfinale des Jahres abschließt: „On and On (Look Away)“.

1 Goose – Dripfield
Mal schauen, wie oft ich in künftigen Jahresrückblicken noch schreiben werde: „DAS war das Jahr von Goose!“ Die Fangemeinde der Band wächst in einem atemberaubenden Tempo; und auch künstlerisch ist die Entwicklung rasant. Ausverkaufte Shows in der Radio City Hall in NYC? Check. Eine Tour mit Trey Anastasio? Check. Und mit Dripfield – übrigens interessant, was ich 2021 zum Vorgänger Shenanigans Night Club schieb – nun auch ein Studiowerk, dass nicht nur dem Liveerlebnis Goose vollkommen gerecht wird, sondern zudem einen eigenständigen, neuartigen Jamband-meets-Indierock-Vibe versprüht. Check, check, check!

Meine zehn Lieblingsalben 2022 gibt’s hier als Spotify-Playlist.

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Mein 2021: Lieblingskonzerte


Was hatte ich im letzten Jahr an dieser Stelle geschieben?

Ich wünsche mir sehr, dass sie bald zurück kommt, die Livemusik. Und dass ich im nächsten Jahr dieser Stelle wieder von wunderbaren Konzertmomenten schwärmen kann.

Das Foto ganz oben zeigt einen Ausschnitt aus meinem Feedreader, aus dem Ordner „Musik-Nachrichten“, Ende Dezember 2021. Eine US-Band nach der anderen cancelt ihre für Silvester geplanten Konzerte. Hier in Deutschland ist schon seit ein paar Wochen wieder weitestgehend Schluss mit Livemusik, die aktuelle Covid-Situation macht ein business as usal für Bands, Künstler*innen, Veranstaltungsagenturen, Bühnenarbeiter*innen u.v.a.m. nach wie vor unmöglich. Bei allem Verständnis für die dringend nötigen pandemieeindämmenden Maßnahmen: für viele Menschen, die im weitesten Sinne in der Unterhaltungsbranche arbeiten, ist die Lage erneut existenzbedrohend geworden.

Was für diese Leute an die Substanz geht, ist für Livemusikfreund*innen wie mich erstmal „nur“ schade: auch in diesem Jahr waren Live-Momente die große Ausnahme für mich, ich konnte nicht annähernd so oft wie „vor Corona“ zu Konzerten gehen, geschweige denn zu Konzerten reisen. Es fehlt mir ungemein, dieses Erlebnis, zusammen mit vielen anderen tollen Menschen beim Musikmachen zuzuschauen. Wie sehr ich das vermisse, spürte ich bei den paar Gelegenheiten, die sich dann doch im zurückliegenden Jahr ergaben:

In dieser herrlich entspannten Sommernacht auf der Koppel in Fraureuth etwa, in der Stoppok für uns aufspielte. Oder Ende August, als Gisbert zu Knyphausen und Kai Schumacher mit ihrem fantastischen „Lass irre Hunde heulen“-Franz-Schubert-Programm auf der Geyserhaus-Parkbühne in Leipzig gastierten. Oder bei diesem inspirierenden Orgelkonzert mit Prof. David Franke im Regensburger Dom.

Na klar, auch in diesem Jahr gab es Livestreams. Die wöchentlichen „Thirsty Thursday Happy Hours“ von Chris Barron haben mich sicher durch den Winter und das Frühjahr gebracht (Chris hat uns über ein gutes Vierteljahr hinweg ohne größere Wiederholungen mit mehr als 100 gespielten Songs einen Ritt durch sein gesamtes Oeuvre geschenkt, das war schon Weltklasse). Auch die wunderbaren Goose-Konzertmitschnitte bei Youtube haben mir das Jahr verschönert. Da waren auch noch Streams von – da isser wieder – Stoppok (sein legendärer Geburtstagslivestream im Februar war äußerst amüsant), Damien Dempsey, Dawes und zuletzt die Abschieds-Show von The Cat Empire. Und doch sind Livekonzerte auf dem Bildschirm für mich kein vollständiger Ersatz für das „echte Erlebnis“.

Bleibt zu hoffen, dass 2022 auch im Blick auf Livemusik besser wird als 2020 und 2021 – insbesondere für die, die in der Livebranche arbeiten und dringend wieder sowas wie Normalität im Job brauchen. Aber auch für Musikfreunde und passionierte Konzergänger*innen wie mich.

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Mein 2021: Lieblingsalben

10 Sebastian Block – Dorngrund
„Irgendwo in dieser großen Stadt“ hieß die Platte der Berliner Band Mein Mio, durch die ich einst auf Sänger Sebastian Block und sein famoses Songwriting aufmerksam wurde – 2009 war das. Mehr als zehn Jahre ist Sebastian nun schon solo unterwegs, bezeichnet sich lässig als „Liedermacher“ und liefert regelmäßig hörenswerte Platten. „Dorngrund“, sein 2021er Werk, ist ganz besonders rund geworden und kommt mit seiner melancholisch-zaghaften Grundhaltung und dem ständigen Pendeln zwischen Tiefgang und Nonchalance genau zur richtigen Zeit.

9 Kyle Falconer – No Love Songs For Laura
Gleich noch ein Künstler, der mal einer Band vorstand: erzählte der frühere The View-Sänger auf seinem 2018er Solo-Debüt hauptsächlich vom Alkohol- und Drogenentzug, ist Album Nummer zwei ein Lob auf die Familie und die Liebe geworden. Selbstverständlich enthält diese detailreiche und mutig auf Hochglanz produzierte Singer-Songwriter-Platte ihrem Titel zum Trotz auch so einige Liebeslieder für „seine“ Laura. Dazu der vielleicht schönste Wunsch, den man 2021 mit Blick auf die Welt und den ganzen Rest überhaupt singen kann: … and I hope that we don’t turn into monsters.

8 Jake Manzi – Whatever My Heart Allows
Junger Sänger und Songschreiber aus Northampton in Massachusetts, auf den ich durch seine Freundschaft zu den Dawes-Gebrüder Taylor und Griffin Goldsmith gestoßen bin, die auf Whatever My Heart Allows auch mitspielen. Ein ruhiges, jedoch nie langweiliges Album, das mich in Sound und Songwriting an 1972 von Josh Rouse erinnert, das dennoch eigenständig und überraschend daherkommt. Aus der Zeit gefallener Kammer-Pop, der gern mit dem Folk, jedoch viel lieber noch mit dem Soul flirtet.

7 Brandi Carlile – In These Silent Days
Das mit den ganz großen Gefühlen hat Brandi Carlile einfach drauf. Dazu diese Naturgewalt von einer Stimme… Ich war ein wenig in Sorge, dass „In These Silent Days“ eine allzu introvertierte Lockdown-Angelegenheit werden würde, doch die Sorge war unbegründet. Zehn kraftvolle Hymnen auf die Liebe, auf Selbstbestimmung und das Muttersein, irgendwo zwischen Pop, Alternative Country und Rock. Musik für unerschütterliche Optimisten, denn was ist the most powerful thing you can to do? Na klar: stay gentle!

6 Selig – Myriaden
Zur Zeit kommt ja vieles anders als geplant – Selig können gleich mehrere Lieder davon singen. „Myriaden“ hätte bereits 2020 rauskommen sollen; die Tour zum Album musste schon x-mal verschoben werden, alles pandemiebedingt. Dabei hätten Jan, Stoppel, Christian und Leo für diese Platte mehr Normalität und damit mehr Aufmerksamkeit verdient. Erstmals seit den 90ern arbeiten die Seligen wieder mit Franz Plasa zusammen, doch tappen zum Glück nicht in die Nostalgie-Falle. Statt alte Sound-Klischees aufzuwärmen, gibt’s einen zeitgemäß produzierten, starken Songzyklus. Clever auch, mit den „Live Takes“ eine weniger polierte, rauere Version des Albums daneben zu stellen und so auch die zu bedienen, denen „Myriaden“ vielleicht doch etwas zu glatt daherkommt. Ach so … über den Totalausfalldas guilty pleasure „Spacetaxi“ breiten wir gütig und altersmilde den Mantel des Schweigens, ok?

5 Weezer – OK Human
Mit gleich zwei großen Veröffentlichungen bereicherten Weezer das Musikjahr 2021. Die eine eine wunderbar alberne bis kauzige Hair-Metal-Hommage („Van Weezer“), die andere ein komplett analog eingespieltes Album gänzlich ohne E-Gitarren, dafür mit 38-köpfigem Orchester: „OK Human“ (natürlich eine Anspielung auf „OK Computer“, das 1997er opus magnum von Radiohead). Was – Überraschung! – hervorragend funktioniert. Vor allem, weil die Songs super sind: von „All My Favorite Songs“ bis „La Brea Tar Pits“ liefert Rivers Cuomo durchgehend starkes Material. Auch die diebische Freude daran, mal mit Streichern, Bläsern, Pauken und Flöten zu arbeiten, ist die ganze Zeit über deutlich hörbar – was für ein Vergnügen!

4 Jake Bugg – Saturday Night, Sunday Morning
Viele hatten den stets etwas genervt wirkenden Briten ja bereits abgeschrieben – konnte er doch in den letzten Jahren nicht mehr an die Riesenerfolge anknüpfen, die er bereits als Teenager mit seinen ersten beiden Alben feiern konnte. Doch Mr. Bugg macht unbeirrt weiter und hat sich eine Sound-Frischzellenkur verordnet. Geblieben ist Jakes durch Mark und Bein gehender Gesang; sein eher klassisches Songwriting mischt sich neuerdings aber herrlich respektlos mit Pop- und Electronica-Elementen. Das klingt nicht nach Abstellgleis und has-been, sondern nach ganz großer Bühne und ready for prime time.

3 Goose – Shenanigans Nite Club
Eine ganze Generation neuer Jambands erspielt sich seit geraumer Zeit in den USA ihr Publikum – wenn nicht gerade pandemiebedingt Zwangspause herrscht. Sie heißen Tauk, Spafford, Pigeons Playing Ping Pong oder Dopapod. Oder eben Goose: fünf Freunde aus Norwalk in Connecticut, die gerade vom Geheimtipp zum Headliner avancieren und die Corona-Zeit clever für sich zu nutzen wissen, etwa durch das ständige Veröffentlichen ganzer Shows bei Youtube. Die Studioproduktion „Shenanigans Nite Club“ fängt vielleicht nicht vollständig die Partystimmung ein, die bei Goose-Konzerten herrscht, sehr wohl aber die außergewöhnliche Musikalität und Spielfreude der Band.

2 Blues Traveler – Traveler’s Blues
Wer hätte das gedacht: aus einem eher aus der Not geborenen Projekt („… dann machen wir halt ein Bluesalbum während der Pandemie, passt irgendwie …„) wird ein Grammy-nominierter Triumph. Die Band interpretiert Genreklassiker aus verschiedenen Epochen und legt den Blues-Kern von Rock- und Popklassikern frei („Roadhouse Blues“ von The Doors, „Crazy“ von Gnarls Barkley). Dazu hervorragend ausgewählte Gäste, die das Ganze veredeln und die Band zu Höchstleistungen anspornen. Man spürt, dass John Popper & Co. inzwischen im vierten Jahrzehnt gemeinsam Musik machen: zu einer derart inspirierten, cleveren und zugleich lässigen Blues-Session ist man wohl erst imstande, wenn man so erfahren und mit allen Wassern gewaschen ist wie Blues Traveler.

1 My Morning Jacket – My Morning Jacket
Manchmal braucht es einen gewissen Abstand zum eigenen Schaffen, um für weitere, neue Großtaten bereit zu sein. Nach dem 2015er Release „The Waterfall“ hatten My Morning Jacket keine rechte Ahnung, wohin denn die weitere Bandreise führen könnte. Eine selbstverordnete, knapp zweijährige Pause hat Wunder gewirkt: unmittelbar nach der Rückkehr auf die Bühne ging die Band ins Studio, um den Zauber des (Wieder-)Anfangs zu nutzen. Ergebnis ist das selbstbetitelte neunte My Morning Jacket-Album, das wirklich alles hat, was diese Band ausmacht: große Songs, euphorische Jams, nerdige Gitarren- und Keyboardsounds und ein Aufeinander-eingespielt-Sein, das seinesgleichen sucht. Von wegen Schaffenskrise! Jim James und seinen Kollegen ist ein – hier darf man das bittschön mal schreiben – zeitloses Rock-Meisterwerk gelungen.

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