Die Generation „Man müsste mal“

Klimawandel? Ja, schon mal gehört. Müsste man mal was dagegen machen.
Hunger in der Dritten Welt? Ja, da müsste man mal wieder was spenden.
Wieder Essen aus dem Kühlschrank direkt in den Müll geworfen? Ja, müsste man endlich mal anders einkaufen.

Wir sind die “Generation Man müsste mal”, klagt die Münchener Autorin und Aktivistin Claudia Langer und sagt in ihrem gleichnamigen neuen Buch klipp und klar: so kann, so darf es nicht weiter gehen! Ihr Buch ist eine Streitschrift, eine offene Anklage einer ganzen Generation.

Eine Generation, für die es normal ist, in den Urlaub zu fliegen, statt mit Auto oder Bahn zu verreisen. Eine Generation, die weiß, dass in Afrika Tag für Tag tausende Kinder verhungern, während das reiche Deutschland im Überfluss lebt und Lebensmittel einfach wegschmeißt. „Wenn wir so weiter machen, hinterlassen wir unseren Kindern eine völlig kaputte Welt“, warnt die Autorin.

Na, ist Ihnen inzwischen gründlich die Lust vergangen, weiter zu lesen? So viel Negativität hält ja keiner aus. Wo doch an dieser Stelle eigentlich immer Erbauliches, Mut machendes stehen sollte! Da vergeht einem ja die gute Laune!

Genau das will Claudia Langer aber erreichen: dass wir uns gestört fühlen bei unserem täglichen Wegschauen. Es reicht eben nicht, den Müll zu trennen, Bio-Gemüse zu kaufen, mit einer kleinen Spende vor Weihnachten das Gewissen zu beruhigen und zu hoffen, damit wäre alles in Butter. Ohne echtes Umdenken und Verzicht wird sich nichts zum Guten ändern.

Um dann doch noch etwas Positives zu schreiben: dieser Verzicht kann auch Gewinn bedeuten! Mehr Lebensqualität und Zeit für die Familie, wenn ich zum Beispiel konsequent auf Dienstreisen verzichte, die nicht unbedingt sein müssen. Auch lebe ich automatisch gesünder, wenn ich nicht jeden Tag auf Fleisch zum Mittag bestehe.

Das sind kleine, aber wichtige Schritte. Schritte, die nicht „die anderen“ zuerst gehen müssen, sondern ich selbst. Es ist ganz konkret meine Aufgabe. Als Mensch, Christ, Nachbar. Als Leipziger, Deutscher, Europäer. Ich sollte mich anrühren lassen von dieser Anklage und statt „Man müsste mal…“ endlich sagen: „Ja, ich werde alles daran setzen, diese Welt besser zu machen – auch, wenn’s mühsam wird!“

Hinweis:
Diesen Text habe ich für das Ressort “Gesellschaft und Religion” der Leipziger Volkszeitung geschrieben, in der er am 12. Oktober in der Kolumnen-Reihe “Gedanken zum Wochenende” erschienen ist.