Mein 2021: Lieblingsalben

10 Sebastian Block – Dorngrund
„Irgendwo in dieser großen Stadt“ hieß die Platte der Berliner Band Mein Mio, durch die ich einst auf Sänger Sebastian Block und sein famoses Songwriting aufmerksam wurde – 2009 war das. Mehr als zehn Jahre ist Sebastian nun schon solo unterwegs, bezeichnet sich lässig als „Liedermacher“ und liefert regelmäßig hörenswerte Platten. „Dorngrund“, sein 2021er Werk, ist ganz besonders rund geworden und kommt mit seiner melancholisch-zaghaften Grundhaltung und dem ständigen Pendeln zwischen Tiefgang und Nonchalance genau zur richtigen Zeit.

9 Kyle Falconer – No Love Songs For Laura
Gleich noch ein Künstler, der mal einer Band vorstand: erzählte der frühere The View-Sänger auf seinem 2018er Solo-Debüt hauptsächlich vom Alkohol- und Drogenentzug, ist Album Nummer zwei ein Lob auf die Familie und die Liebe geworden. Selbstverständlich enthält diese detailreiche und mutig auf Hochglanz produzierte Singer-Songwriter-Platte ihrem Titel zum Trotz auch so einige Liebeslieder für „seine“ Laura. Dazu der vielleicht schönste Wunsch, den man 2021 mit Blick auf die Welt und den ganzen Rest überhaupt singen kann: … and I hope that we don’t turn into monsters.

8 Jake Manzi – Whatever My Heart Allows
Junger Sänger und Songschreiber aus Northampton in Massachusetts, auf den ich durch seine Freundschaft zu den Dawes-Gebrüder Taylor und Griffin Goldsmith gestoßen bin, die auf Whatever My Heart Allows auch mitspielen. Ein ruhiges, jedoch nie langweiliges Album, das mich in Sound und Songwriting an 1972 von Josh Rouse erinnert, das dennoch eigenständig und überraschend daherkommt. Aus der Zeit gefallener Kammer-Pop, der gern mit dem Folk, jedoch viel lieber noch mit dem Soul flirtet.

7 Brandi Carlile – In These Silent Days
Das mit den ganz großen Gefühlen hat Brandi Carlile einfach drauf. Dazu diese Naturgewalt von einer Stimme… Ich war ein wenig in Sorge, dass „In These Silent Days“ eine allzu introvertierte Lockdown-Angelegenheit werden würde, doch die Sorge war unbegründet. Zehn kraftvolle Hymnen auf die Liebe, auf Selbstbestimmung und das Muttersein, irgendwo zwischen Pop, Alternative Country und Rock. Musik für unerschütterliche Optimisten, denn was ist the most powerful thing you can to do? Na klar: stay gentle!

6 Selig – Myriaden
Zur Zeit kommt ja vieles anders als geplant – Selig können gleich mehrere Lieder davon singen. „Myriaden“ hätte bereits 2020 rauskommen sollen; die Tour zum Album musste schon x-mal verschoben werden, alles pandemiebedingt. Dabei hätten Jan, Stoppel, Christian und Leo für diese Platte mehr Normalität und damit mehr Aufmerksamkeit verdient. Erstmals seit den 90ern arbeiten die Seligen wieder mit Franz Plasa zusammen, doch tappen zum Glück nicht in die Nostalgie-Falle. Statt alte Sound-Klischees aufzuwärmen, gibt’s einen zeitgemäß produzierten, starken Songzyklus. Clever auch, mit den „Live Takes“ eine weniger polierte, rauere Version des Albums daneben zu stellen und so auch die zu bedienen, denen „Myriaden“ vielleicht doch etwas zu glatt daherkommt. Ach so … über den Totalausfalldas guilty pleasure „Spacetaxi“ breiten wir gütig und altersmilde den Mantel des Schweigens, ok?

5 Weezer – OK Human
Mit gleich zwei großen Veröffentlichungen bereicherten Weezer das Musikjahr 2021. Die eine eine wunderbar alberne bis kauzige Hair-Metal-Hommage („Van Weezer“), die andere ein komplett analog eingespieltes Album gänzlich ohne E-Gitarren, dafür mit 38-köpfigem Orchester: „OK Human“ (natürlich eine Anspielung auf „OK Computer“, das 1997er opus magnum von Radiohead). Was – Überraschung! – hervorragend funktioniert. Vor allem, weil die Songs super sind: von „All My Favorite Songs“ bis „La Brea Tar Pits“ liefert Rivers Cuomo durchgehend starkes Material. Auch die diebische Freude daran, mal mit Streichern, Bläsern, Pauken und Flöten zu arbeiten, ist die ganze Zeit über deutlich hörbar – was für ein Vergnügen!

4 Jake Bugg – Saturday Night, Sunday Morning
Viele hatten den stets etwas genervt wirkenden Briten ja bereits abgeschrieben – konnte er doch in den letzten Jahren nicht mehr an die Riesenerfolge anknüpfen, die er bereits als Teenager mit seinen ersten beiden Alben feiern konnte. Doch Mr. Bugg macht unbeirrt weiter und hat sich eine Sound-Frischzellenkur verordnet. Geblieben ist Jakes durch Mark und Bein gehender Gesang; sein eher klassisches Songwriting mischt sich neuerdings aber herrlich respektlos mit Pop- und Electronica-Elementen. Das klingt nicht nach Abstellgleis und has-been, sondern nach ganz großer Bühne und ready for prime time.

3 Goose – Shenanigans Nite Club
Eine ganze Generation neuer Jambands erspielt sich seit geraumer Zeit in den USA ihr Publikum – wenn nicht gerade pandemiebedingt Zwangspause herrscht. Sie heißen Tauk, Spafford, Pigeons Playing Ping Pong oder Dopapod. Oder eben Goose: fünf Freunde aus Norwalk in Connecticut, die gerade vom Geheimtipp zum Headliner avancieren und die Corona-Zeit clever für sich zu nutzen wissen, etwa durch das ständige Veröffentlichen ganzer Shows bei Youtube. Die Studioproduktion „Shenanigans Nite Club“ fängt vielleicht nicht vollständig die Partystimmung ein, die bei Goose-Konzerten herrscht, sehr wohl aber die außergewöhnliche Musikalität und Spielfreude der Band.

2 Blues Traveler – Traveler’s Blues
Wer hätte das gedacht: aus einem eher aus der Not geborenen Projekt („… dann machen wir halt ein Bluesalbum während der Pandemie, passt irgendwie …„) wird ein Grammy-nominierter Triumph. Die Band interpretiert Genreklassiker aus verschiedenen Epochen und legt den Blues-Kern von Rock- und Popklassikern frei („Roadhouse Blues“ von The Doors, „Crazy“ von Gnarls Barkley). Dazu hervorragend ausgewählte Gäste, die das Ganze veredeln und die Band zu Höchstleistungen anspornen. Man spürt, dass John Popper & Co. inzwischen im vierten Jahrzehnt gemeinsam Musik machen: zu einer derart inspirierten, cleveren und zugleich lässigen Blues-Session ist man wohl erst imstande, wenn man so erfahren und mit allen Wassern gewaschen ist wie Blues Traveler.

1 My Morning Jacket – My Morning Jacket
Manchmal braucht es einen gewissen Abstand zum eigenen Schaffen, um für weitere, neue Großtaten bereit zu sein. Nach dem 2015er Release „The Waterfall“ hatten My Morning Jacket keine rechte Ahnung, wohin denn die weitere Bandreise führen könnte. Eine selbstverordnete, knapp zweijährige Pause hat Wunder gewirkt: unmittelbar nach der Rückkehr auf die Bühne ging die Band ins Studio, um den Zauber des (Wieder-)Anfangs zu nutzen. Ergebnis ist das selbstbetitelte neunte My Morning Jacket-Album, das wirklich alles hat, was diese Band ausmacht: große Songs, euphorische Jams, nerdige Gitarren- und Keyboardsounds und ein Aufeinander-eingespielt-Sein, das seinesgleichen sucht. Von wegen Schaffenskrise! Jim James und seinen Kollegen ist ein – hier darf man das bittschön mal schreiben – zeitloses Rock-Meisterwerk gelungen.

Meine zehn Lieblingsalben 2021 gibt’s hier als Spotify-Playlist.

Siehe auch:
Lieblingsalben 2020, 2019, 2018, 2017, 2016, 2015, 2014, 2013, 2012, 2011, 2010, 2009, 2008, 2006, 2005, 2004.

Mein 2016: Lieblingskonzerte

Calexico, Leipzig, Juli 2016.

10 – Calexico, Leipzig, 21. Juli
Eine laue Sommernacht, Leipzigs mit Abstand schönste Open-Air-Location und dazu die zeitlosen Klänge von Calexico: es geht mir gut, es könnte weiß Gott schlimmer sein.

9 – Konstantin Wecker, Leipzig, 26. April
Gerade in diesem Jahr war es ein großer Segen, dass wir Menschen wie Konstantin Wecker haben. Diese Mischung aus Zorn, Tatendrang, Leidenschaft, Mitgefühl und Humor, die er so wunderbar verkörpert, scheint mir das einzig funktionierende Gegengift zu sein gegen all diesen neurechten, menschenfeindlichen Postfaktenpropagandascheiss unserer Tage. Ein großartiger Abend im Gewandhaus mit Langzeitwirkung.

The View, Leipzig, Februar 2016.

8 – The View, Leipzig, 3. Februar
Es ist ganz und gar nicht fair, dass bei diesem Konzert gerade mal zwanzig oder dreißig zahlende Gäste dabei waren. Im kleinen Saal des Täubchenthals spielte die Band um Stimm- und Songwritingwunder Kyle Falconer ein Set für die Ewigkeit. Britischer Poprock, wie er besser nicht geht – das nächste Mal kommt ihr alle mit, ja?

7 – Von Wegen Lisbeth, Leipzig, 7. Oktober
Ja, ich hab mich schon ein wenig alt gefühlt zwischen all den Teens und Twens in der Halle D vom Werk II. Aber zu keiner Sekunde hab ich bereut, dieses Konzert besucht zu haben. Die Berliner sind eine Hammerliveband mit großartigen Songs – und erfreuen uns hoffentlich noch lange, lange mit ihrer schlauen, großen Popmusik.

Ben Harper, Berlin, September 2016

6 – Ben Harper & The Innocent Criminals, Berlin, 25. September
Das haben sie gut gemacht: die Euphorie der Comebacktour von 2015 hinübergerettet in die erste „reguläre“ Albumtour nach der langen Pause. Ben und die Criminals, das ist auch 2016 und mit neuem Material eine höchst sehenswerte Kombination.

5 – Glen Hansard, Leipzig, 24. November
Einer der Abende, der Dir den Glauben ans Gute im Menschen zurück gibt. Was Hansard und sein überaus begabtes Dutzend Mitmusiker da auf der Bühne und später auch auf den Rängen des Gewandhauses veranstaltet haben, war ganz großes Kino. Und wie da ein sanfter Chor aus Band und Leipziger Publikum „So Long Marianne“-singend vorm gerade verstorbenen Cohen den Hut zog, werde ich mein Lebtag nicht vergessen.

Chris Barron, London, November 2016.

4 – Chris Barron, London, 13. November
Ob es das wert ist? Für eine gute Stunde Chris-Solo-Konzert einen Städtetrip nach London zu planen? Auch noch im ohnehin stressigen November? Und ob es das wert ist ist. Ein magisches, kleines Konzert, ein liebenswürdiges, wohlwollendes Publikum und wie so oft danach dann herrliche Gespräche mit Chris am Tresen. What a time to be alive.

3 The Tallest Man On Earth, Leipzig, 15. August
Immer noch Sommer, immer noch lau, schon wieder die herrliche Parkbühne in Eutritzsch. Diesmal aber keine Posaunen und Mariachiklänge, sondern die feinsinnigen, versponnenen und immer so ganz unmittelbar ans Herz gehenden Songs des Tallest Man On Earth. Ein ergreifender Abend.

2 Damien Rice, Vilnius, 4. Juli
Der botanische Garten von Vilnius im Regen. Es will partout nicht dunkel werden. Dann, gegen 10, kommt er endlich: der kleine Ire mit der großen Stimme. Und mit einer Show, die mich begeistert. Alleine mit einer Gitarre und ein, zweitausend Effekten und Loopdingsis. Genau die richtige Mischung aus Drama, Weltschmerz, Hoffnung und Humor. Plötzlich passt alles, sogar der Regen.

Gov't Mule, Berlin, Mai 2016.

1 Gov’t Mule, Berlin, 19. Mai
Dank Wecker, Barron, Harper, Hansard und Rice durfte ich in diesem Jahr so einige echte „Mund-bleibt-offen-stehen-und-Augen-werden-feucht“-Konzertaugenblicke miterleben. Doch am stärksten spürte ich dieses Glücksgefühl Mitte Mai im Huxleys in Berlin: die beiden Sets, die Warren Haynes und seine Kollegen da gespielt haben, waren einfach nur perfekt; der Run von Lay Your Burden Down über Far Away > Stratus > Whisper In Your Soul > Time To Confess bis Million Miles From Yesterday war schlichtweg nicht von dieser Welt.

Siehe auch:
Lieblingskonzerte 2015, 2014, 2013, 2012, 2011, 2010, 2009.

Mein 2015: Lieblingslieder

Nathaniel Rateliff & The Night Sweats

10 Houndmouth – My Cousin Greg
If you wanna live the good life, well, you better stay away from the limelight.

9 The View – Talk About Two
Laugh at things no one else finds funny, things we pluck out of thin air. Try not to sing and let’s talk about the thing that make them bells ring everywhere.

8 Wilco – Magnetized
I sleep underneath a picture that I keep of you next to me. I realize we’re magnetized.

7 Jed Appleton – Too Scared
So where are you now, well take a look at yourself. Are you too scared of failure, just like everyone else?

6 Greg Holden – Boys In The Street
There was no way of knowing ‚cause all I was taught is men only love women, but now I’m not sure. My son, keep kissing boys in the street.

5 My Morning Jacket – Believe (Nobody Knows)
It begins and on and on a baby’s born, the elder’s down, all in their time. Start a door, the setting sun, the day has come, my mind is open, my oh my.

4 Dawes – All Your Favorite Bands
Do you really wanna know about these lines on my face? Well, each and every one is testament to all the mistakes I’ve had to make to find courage.

3 The Canoes – Candle
Let the snow dance in your eyes and we’ll forget the whens and whys. For you and i there’s only birds and blues and skies.

2 Blues Traveler feat. Secondhand Serenade – The Darkness We All Need
And it swept away my fears and who I used to be learning that the good will overcome and set me free.

1 Nathaniel Rateliff & The Night Sweats – S.O.B.
Now for seventeen years I’ve been throwing them back, seventeen more will bury me. Can somebody please just tie me down or somebody give me a goddamn drink?

Meine zehn Lieblingslieder 2015 gibt’s hier als Spotify-Playlist.

Siehe auch:
Lieblingslieder 2014 (Spotify), 2013 (Spotify), 2012 (Spotify), 2011 (Spotify), 2010 (Spotify), 2009 (Spotify), 2008.

Mein 2012: Lieblingslieder

The View - Tacky Tattoo (Single)

10 Some Nights – Fun.
Well, that is it guys, that is all – five minutes in and I’m bored again. Ten years of this, I’m not sure if anybody understands …

9 Frei – Wolke
Du bist alleine, so alleine, ganz allein auf dieser Welt. Niemand da, der Dir sagt, wer Du bist, denn Du bist frei.

8 Emmylou – First Aid Kit
I’ll be your Emmylou and I’ll be your June if you’ll be my Gram and my Johnny too.

7 Songs für Liam – Kraftklub
Die Welt geht vor die Hunde, Mädchen, traurig aber wahr.

6 How – Regina Spektor
Time can come and take away the pain but I just want my memories to remain: to hear your voice, to see your face, there’s not ome moment I’d erase.

5 Going Home – Leonard Cohen
He wants to write a love song, an anthem of forgiving, a manual for living with defeat. A cry above the suffering, a sacrifice recovering but that isn’t what I want him to complete.

4 Queen Of Denmark – Sinéad O’Connor
Who’s gonna be the one to save me from myself? You better bring your stun gun and perhaps a crowbar.

3 Recognize My Friend – Blues Traveler
When we meet again and the music comes in I hope I recognize my friend.

2 Das Leichteste der Welt – Kid Kopphausen
Ich lerne langsam wieder laufen und sprechen, ich gebe den Dingen einen Namen. Ich sage meine Liebe, meine Lügen, meine Hoffnung, meine Schuld, meine Leidenschaft, mein Feuer, meine Wut und meine Ungeduld, mein Nein und mein Vielleicht und mein unbedingtes Ja.

1 Tacky Tattoo – The View
Sometimes, you feel you’re not so clever when you can’t even find a melody for your song.

Meine zehn Lieblingslieder 2012 gibt’s hier als Spotify-Playlist.

Mein 2012: Lieblingsalben

(umgetextete Psalmen aus dem Alten Testament zu sehr sanfter Gitarrenbegleitung)

10 Kraftklub – Mit K
Keine andere deutsche Band erlebte 2012 einen derartigen Dauerhype, keine andere deutsche Band hatte ihn aber auch dermaßen verdient. Die Chemnitzer veröffentlichten früh im Jahr „Mit K“, eine an schlauen Texten und zwingender Gitarrenarbeit wahrlich reiche Songsammlung. Das Album ging auf 1, die Band spielte gefühlt mehr Konzerte, als das Jahr Tage hatte – und selbst ein knappes Jahr nach „Mit K“ wirkt alles an dieser Band frisch und glaubwürdig.

9 Ben Kweller – Go Fly A Kite
Der Typ wirkt auch mit über 30 noch wie der seltsame Nerd aus der Parallelklasse, der in der Hofpause heimlich im Gebüsch eine raucht. Dabei ist Ben Kweller längst ein profilierter Songwriter und begnadeter Multiinstrumentalist. Nach Ausflügen in Richtung Country und ein paar Monaten Pause nun also „Go Fly A Kite“: kein einziger Füller, jeder Song geradeheraus, herzlich und einprägsam. Sachen wie „Gossip“ und „Jealous Girl“ möchte ich tagein, tagaus im Radio hören.

8 Regina Spektor – What We Saw From The Cheap Seats
Gerade mal 36 Minuten dauert das Vergnügen, das „What We Saw From The Cheap Seats“ geworden ist. Die in Moskau geborene Sängerin präsentiert auf ihrem sechsten Album eine Mischung aus neuen und alten Stücken, so hat sie etwa das grandiose „Don’t Leave Me (Ne Me Quitte Pas)“ noch einmal neu arrangiert und aufgenommen. Wieder ist es ihre famose Stimme, die mich in ihren Bann zieht. Wieder ist es das Fehlen jedweder Beiläufigkeiten oder Belanglosigkeiten, das dieses Album zu einem Genuss macht. Zum Nebenbeikonsum ganz und gar nicht geeignet.

7 Martin Rossiter – The Defenestration Of St. Martin
Spät im Jahr gesellte sich Martin Rossiter zu meinen Lieblingsalben-Machern hinzu. Der ehemalige Sänger der wunderbaren britischen Band Gene („Olympian“, „Fighting Fit“) hat nach sieben Jahren Musik-Pause ein eigenwilliges, aber bemerkenswertes Album aufgenommen. „The Defenestration Of St. Martin“ lebt über die meiste Zeit ausschließlich von Piano und Gesang, nur gelegentlich setzt der Walise andere Dinge wie Chöre oder Drums ein – immer nur dann, wenn sie ihm wirklich notwendig erscheinen. So hat er einen musikalisch sanften und lyrisch herausfordernden Liederzyklus abgeliefert, in dem ich mich in diesem Winter nur allzu gern verlieren möchte.

6 The View – Cheeky For A Reason
Da sind sie wieder, The View. Auch auf die Gefahr hin, dass meine kleine Seite irgendwann als deutsches View-Fanblog gehandelt wird: auch das 2012er Album der Schotten ist wieder ein großer Wurf. Unerwartet schnell nach dem sehr üppigen „Bread And Circuses“ veröffentlicht, geht es auf „Cheeky For A Reason“ wieder rauer und reduzierter zu, was die Produktion betrifft. Keineswegs aber beim Songwriting: diese elf famosen Popsongs haben mich durch das gesamte zweite Halbjahr 2012 begleitet, wofür ich den vier Herren zutiefst dankbar bin.

5 Dave Matthews Band – Away From The World
Mit deutlich kleinerer PR-Maschine als beim Album drei Jahre zuvor lieferte die Dave Matthews Band 2012 eine neue Platte ab. Dabei galt die schon als Sensation, ohne dass man nur einen einzigen Ton gehört haben musste. Immerhin war erstmals seit 2000 wieder Steve Lillywhite Produzent der Band; jener Mann, der auch schon U2 groß gemacht und die ersten drei DMB-Major-Releases produziert hatte – allein dieser Name sorgte für massig Vorschusslorbeeren. Was die Fans zu hören bekamen, erfüllte die fast schon unmenschlich hohen Erwartungen überraschenderweise voll und ganz. „Away From The World“ ist keine reine Song-Ansammlung, sondern eine meisterlich kompilierte musikalische Reise. Statt „Hits“ gibt’s ein fünfzigminütiges Epos wie aus einem Guss.

4 The Avett Brothers – The Carpenter
Zum zweiten Mal produziert Rick Rubin die Gebrüder Avett, und erneut geht das richtig gut. „The Carpenter“ besticht durch grandioses Songwriting zwischen Folk, Rock, Country und Pop – und die Avett Brothers singen und spielen einmal mehr, als ginge es um ihr Leben.

3 Kid Kopphausen – I
Die tragischste Veröffentlichung des Jahres. Als „I“ herauskam, waren wir alle begeistert, verzückt, ja geradezu euphorisch: Nils Koppruch und Gisbert zu Knyphausen, a match made in heaven. Tolle Stimmen, tolle Songs, ein Gesamtkunstwerk. Und dann, lächerlich wenige Wochen nach Veröffentlichung, schläft Koppruch einfach so ein. Bis heute macht mich sein Tod ratlos und traurig. Wer weiß, ob ich „I“ jemals wieder unbeschwert und ohne Wehmut hören kann. Dabei gehört dieses Album gehört, wieder und wieder und wieder. Mach’s gut, Nils.

2 Blues Traveler – Suzie Cracks The Whip
Unerträglich lange hat es gedauert, bis Blues Traveler ein neues Album fertig hatten – immerhin vier Jahre! Das lange Warten wurde aber reich belohnt. „Suzie“ ist eine Rückkehr zur Höchstform. Ging es in der letzten Zeit doch etwas behäbig und gesetzt zu bei den Herren um John Popper, so sind sie jetzt, in ihrem 25. Bandjahr, direkter, unmittelbarer und lauter denn je. Die zahlreichen Co-Autoren, die gewitzten Produzenten und nicht zuletzt natürlich die spielfreudigen Bandmitglieder hauchen dem Projekt Blues Traveler neues Leben ein. Das beste der Band seit dem 2003er Überalbum „Truth Be Told“. Things are looking up.

1 Sinéad O’Connor – How About I Be Me (And You Be You)?
Noch länger, nämlich fünf Jahre, hat es gedauert, bis Sinéad O’Connor mal wieder mit einem neuen Album um die Ecke kommt. Waren das 2007er „Theology“ (umgetextete Psalmen aus dem Alten Testament zu sehr sanfter Gitarrenbegleitung), das 2005er „Throw Down Your Arms“ (Reggae-Cover) und das 2002er „Sean-Nos Nua“ (sanft modernisierte Irish-Folk-Standards) eher Alben für echte O’Connor-Liebhaber, so ist „How About I Be Me…“ die erste „klassische“ Pop-CD der Irin seit dem 2000er Meisterwerk „Faith And Courage“. Die Platte wirkt wie eine Essenz ihres Schaffens, stimmlich ist sie in Bestform und nach wirklich jedem Lied habe ich ein zufriedenes, glückliches Grinsen im Gesicht. Seit über 20 Jahren begleitet mich die Musik dieser Frau durch’s Leben, in diesem Jahr intensiver denn je.

Mein 2011: Lieblingslieder

10 Squealing Pigs – Admiral Fallow
…and I can’t help but think, as I pick my mouth off the floor: will you still know me in a year…

9 Pumped Up Kicks – Foster The People
…you better run, better run, outrun my gun…

8 From A Distance – Madgdalene Survivors Together
…from a distance you look like my friend even though we are at war. From a distance I can’t comprehend what all this war is for…

7 Hurt So Much – John Popper & The Duskray Troubadours
…when the thing you must let go is the one you’ll always love, it can hurt so much…

6 Dream – Lenny Kravitz
…you can’t steal from me what God gave me for free…

5 Shell Games – Bright Eyes
…we’ll be everything that we ever need, everyone on the count of three, everyone on the count of three, all together now…

4 Rivers And Roads – The Head And The Heart
…nothing is as it has been and I miss your face like hell. And I guess it’s just as well, but I miss your face like hell…

3 Küchensee – Niels Frevert
…Scherben bringen Glück und Glück bringt Scherben und ich geh‘ und hole Besen und Feudel…

2 Friend – The View
…and I can change but I can’t change yesterday…

1 Don’t Carry It All – The Decemberists
…so raise a glass to turnings of the season and watch it as it arcs towards the sun…

Meine zehn Lieblingslieder 2011 gibt’s hier als Spotify-Playlist.

Mein 2011: Lieblingsalben

10 Ben Harper – Give Till It’s Gone
So richtig war mir nicht klar, wo die Reise hingehen sollte. Harpers 2011er Platte wartet weder mit dem gefälligen Acoustic-Soul der späten Innocent-Criminals-Werke auf, noch mit der eindringlichen Ruppigkeit der Relentless-7-Veröffentlichungen. Ben Harper wirkt düsterer als in den letzten Jahren, er fleht „Don’t Give Up On Me Now“ und singt sich Mut an: „I Will Not Be Broken“. Das alles fasziniert, vereinnahmt – und hat mich durch’s ganze Jahr begleitet.

9 Wilco – The Whole Love
Wilco! Nach all den Jahren kriegen sie mich doch. Eine von diesen Bands, für die ich mich wahlweise immer zu jung, zu alt, zu europäisch oder zu sonstwas gefühlt habe. Aber dann kam „The Whole Love“ raus und es hat Klick gemacht. Ein Album, das von experimentellem Lärm bis zur perfekten Songperle so ziemlich alles liefert.

8 Open Hearts Society – Love In Time
Dass Eric Schenkman mal in einer Band mitspielt, die ihre Musik als „Rural Folk Boogie“ bezeichnet, hätte ich mir auch nicht träumen lassen. Der Spin Doctors-Gitarrist hat sich’s in seiner Wahlheimat Kanada gemütlich gemacht und mit ein paar Kumpels eine durch und durch entspannte Platte aufgenommen. In den wenigen lauten Momenten an Neil Young gemahnend und in den ruhigeren Phasen an die Decemberists, ist „Love In Time“ eine neun Songs lange (kurze) Wundertüte, in die ich 2011 sehr häufig und gerne reingegriffen habe.

7 Warren Haynes – Man In Motion
Gov’t Mule-Vorarbeiter lädt sich hochkarätige Freunde ins Studio (u.a. Ivan Neville) und huldigt dem Soul. Das Ergebnis klingt dann auch genau so: eine sanftere, souligere Version des Haynesschen Sounds, sensationelle Gitarrensoli und Wahnsinnsstimme inklusive. Keine Revolution, aber gerade deswegen in meinem 2011 mehr als willkommen.

6 Bright Eyes – The People’s Key
Der nächste große Wurf von Conor Oberst. Öffne eine beliebige 2011er Jahresbestenliste eines beliebigen Musikblogs oder -magazins, und Du wirst „The People’s Key“ darin finden. Zu Recht.

5 Bon Iver – Bon Iver
Der nächste große Wurf von Justin Vernon. Öffne eine beliebige 2011er Jahresbestenliste eines beliebigen Musikblogs oder -magazins, und Du wirst „Bon Iver“ darin finden. Zu Recht.

4 John Popper & The Duskray Troubadours
Zum dritten Mal macht sich Popper ohne seine Blues-Traveler-Kameraden auf Reisen. Diesmal übt er sich in Americana und Roots Rock. Gemeinsam mit Freund und Musik-Genius Jono Manson ist John Popper dabei ein zeitloses Album mit großartigen Songs gelungen. „Champipple“, „Something Sweet“ oder „Love Has Made It So“ heißen diese Perlen, die in diesem Jahr eine viel größere mediale Aufmerksamkeit verdient gehabt hätten.

3 The Felice Brothers – Celebration Florida
Anstrengend, schräg, unstet, aufreibend. Alles Attribute, die ich „Celebration, Florida“ durchaus zuschreiben würde. Doch genau diese Attribute machen diese Platte der Felice Brothers so interessant. Der Dylaneske Folksound der Brüder wird diesmal ergänzt durch Synthesizer, Noiseeffekte, Loops und E-Gitarren. Fertig ist eine wunderbare musikalische Zumutung, an der ich mich in diesem Jahr nicht satt hören konnte.

2 Niels Frevert – Zettel auf dem Boden
Beim ersten Hören: Überforderung, ganz leichte Enttäuschung gar. Beim zweiten Hören: Heimischwerden, Fallenlassen, Aufgefangenwerden. Bei jedem weiteren Hören: Begeisterung, Gänsehaut, Bewunderung. Und jetzt? Die Gewissheit, dass von dieser CD auch noch in 20 Jahren schwärmen werde.

1 The View – Bread And Circuses
Mit der Wahl meines Albums des Jahres stehe ich, verglichen mit anderen Jahresbestenlisten, sicher ziemlich einsam da. Aber nicht, weil ich was besonderes sein will, ist dieses Album auf dem ersten Platz gelandet. Sondern, weil das dritte Album der Schotten einfach zum Soundtrack für mein 2011 geworden ist. In traurigen Momenten wie in Augenblicken des Glücks, auf Reisen und daheim – irgendeiner dieser cleveren, beseelten Rocksongs von „Bread And Circuses“ war immer mit dabei. Außerdem muss ja dringend mal wieder einer schreiben, dass es nur wenige Sänger vom Schlage eines Kyle Falconer unter dieser Sonne gibt.

Neue Musik: Moritz Krämer, Bright Eyes, Clueso, The Cave Singers, The View, William Fitzsimmons, Admiral Fallow

Moritz Krämer – Wir können nix dafür (2011)
Zufallsbekanntschaft, dieser Herr Krämer. Und inzwischen fester Bestandteil meines Frühlings 2011. Der Typ hat nicht nur eine sehr eigene Art, Vokale in die Unendlichkeit auszudehnen, nein, er schreibt überdies auch noch ganz hervorragende Texte und macht einfach schöne Musik dazu. Ob er die „Mitbewohnerin“ von einem Freund singend verehrt oder über die seltsamen Besucher seiner eigenen Beerdigung sinniert, Moritz Krämer macht das absolut unpeinlich und kriegt diese vermeintlichen Kleinigkeiten ganz, ganz groß hin.

The View – Bread And Circuses (2011)
Und dann gibt’s ja diese Alben, mit denen man überhaupt nicht mehr gerechnet hätte. Das von The View kam für mich völlig überraschend – das letzte Album „Which Bitch“ war zwar keineswegs schlecht, nur ganz schön übermotiviert und mit ein paar überflüssigen Songs belastet. Auch hat man ja von der Band, besonders von Sänger Kyle Falconer, in letzter Zeit eher Geschichten aus der Amy-Winehouse-Pete-Doherty-Saufen-und-Drogen-Kategorie vernommen und weniger Musikalisches. Doch jetzt „Bread And Circuses“, ein wirklich rundes Album. Die Schotten (und inzwischen Wahl-Liverpooler) rocken, sind immer noch melodieverliebt wie Bolle und besitzen einen sympathischen Hang zum soundtechnischen Größenwahn. Kurzum: tolle Platte und jede Menge Ohrwürmer – „Underneath The Light“, „Girl“, „Best Lasts Forever“ oder „Witches“ sind alles Songs, die hoffentlich in diesem Jahr nicht nur in den Kneipen und Clubs Großbritanniens aus voller Kehle mitgegröhlt werden.

Admiral Fallow – Boots Met My Face (2011)
Bleiben wir gleich in Schottland und reden wir kurz über eine Band aus Glasgow. Obwohl für Admiral Fallow im Grunde längliche Lobeshymnen viel angebrachter wären. Ist es die ungewöhnliche Instrumentierung mit Klarinette und Kontrabass neben klassischem Rockzeugs? Vielleicht. Sind es die wunderbar unaufgeregt dargebotenen Songs? Klar, auch. Die herrlichen Arrangements und Satzgesänge? Sowieso. Eben eine eigenständige, liebenswürdige Band mit ebensolcher Musik – und doch kann man sie guten Wissens Menschen ans Herz legen, denen Bands wie The Decemberists oder Okkervil River am Herz liegen.

Clueso – An und für sich (2011)
Clueso zu kritisieren ist ein bisschen so, als würde man in aller Öffentlichkeit sagen, Hundewelpen wären scheiße. Wirklich jeder scheint diesen Mann zu mögen und seine Musik gut zu finden, und ich bin da gar keine Ausnahme. Aber so sympathisch mir der Kollege aus Erfurt ist, so schwer tue ich mir mit seiner neuen Platte. Der Knabe hat alles erreicht, was man in Deutschland als junger Künstler erreichen kann. Und gerade deswegen habe ich mir nun etwas Mutigeres erhofft als „An und für sich“. Clueso ist hier sehr nachdenklich, sehr sophisticated, sehr tiefsinnig – und damit auf Albumlänge leider einfach sehr langweilig. Also: die Sympathien bleiben, für’s nächste Mal wünsche ich mir aber, dass Clueso aufhört, so schrecklich erwachsen zu sein.

The Cave Singers – No Witch (2011)
Wieso hat mir eigentlich noch keiner von The Cave Singers erzählt? Quartett aus Seattle, seit 2007 zusammen, neuerdings beim Jagjaguwar-Label unter Vertrag. „No Witch“ ist ihr drittes Album, und es ist famos. Rock ist die Grundlage, mal driftet das ganze in flächig-epische Neil-Young-Gefilde, mal in Richtung Americana und Folk. Schöne Chöre, verwegene Melodien, im richtigen Moment auch mal laut und dreckig, um nicht zu gefällig zu klingen. Gefällt mir, und zwar sehr.*

William Fitzsimmons – Gold In The Shadow (2011)
Grönland Records, das ist doch das Grönemeyer-Label, oder? Keine Ahnung, wie der Mann aus Illinois zu einem Plattendeal mit Grönland kam, aber letztlich auch egal. Die Story von William Fitzsimmons kann man an jeder Ecke des Internets nachlesen, hier die Stichworte: blinde Eltern, Bart, verarbeitet mit jeder Platte bestimmte Phasen seines Lebens (Beziehungen und so), Grey’s Anatomy und so weiter. „Gold In The Shadow“ ist eingängig wie nix, sanft, melancholisch, optimistisch, an manchen Stellen fast zu süßlich, aber andererseits genau richtig, wenn man im Frühling einfach mal was hören will, was einfach schön und gut und richtig ist. Für solche „Ach ja“-Momente ist das Album der perfekte musikalische Begleiter.

Bright Eyes – The People’s Key (2011)
Weil Bright Eyes in den letzten Wochen in so ziemlich allen Magazinen und Musikblogs allgegenwärtig waren, mache ich es hier ganz besonders kurz und teile meiner verehrten Leserschaft schlicht und einfach mit, dass ich sehr mag, was Conor Oberst und seine Freunde hier zusammengebastelt haben. Schön, dass es wieder ein wenig dreckiger und rauer zugeht als zuletzt, schön, dass Oberst noch immer ein Talent für einnehmende Songs und großartiges Storytelling hat und dieses nutzt. Feines Album.

* Beim Cave Singers-Video handelt es sich um einen Song von einem früheren Album der Band.

Neue Musik: The View, The Waifs, Laura Gibson, The Cat Empire u.a.

Es hat sich wieder viel Neues angesammelt in meinen digitalen und realen Plattenregalen. Hier einige Beispiele, die ich für dringend erwähnenswert halte.

Gilles Servat – Je Vous Emporte Dans Mon Coeur (2006)
Eine Empfehlung meines Bandkollegen Heiko, der Gilles Servat wiederum von seinem Vater empfohlen bekam. Servat ist ein französischer Sänger kurz vorm Renteneintrittsalter, der seit 1970 Musik veröffentlicht. Das hier ist ein Konzertmitschnitt aus dem Jahr 2006, wie ich es verstehe, eine Art „Best-Of“-Abend mit Songs aus seiner gesamten Karriere – schöne Lieder auf Französisch und Bretonisch, bisweilen sehr melancholisch, aber äußerst unterhaltsam und eine angenehme Abwechslung.

Laura Gibson – Beasts Of Season (2009)
Ach Mensch, eigentlich verdient diese Platte einen kompletten, eigenen Blogeintrag. Läuft seit Tagen bei mir in heavy rotation. Sängerin aus den USA, das hier ist ihre dritte oder vierte Platte. Aber die erste, die ich kenne – und prompt auch sehr mag. Leicht schrullige Folksongs mit wunderbaren Arrangements, die Stimme erinnert mich gelegentlich an Regina Spektor.

The Cat Empire – Live On Earth (2009)
Meine beiden bisherigen Live-Erfahrungen mit The Cat Empire waren phänomenal: die erste, 2006 in Birmingham, war eines der intensivsten Musikerlebnisse, die ich je hatte; meine zweite, 2007 in Berlin mit meinem Freund Robby, war eine einzige ausgelassene Party und das, obwohl die Musikalität der Jungs fast mehr war, als man bei so einer Show fassen kann. Alle diese Erinnerungen kommen zurück, wenn ich die neue Cat Empire-Liveplatte höre. Diese Doppel-CD bringt mich zum Tanzen (!) und zum Versonnen-Vor-Mich-Hin-Starren, manchmal sogar gleichzeitig. Wahnsinn.

M. Ward – Hold Time (2009)
Wie Laura Gibson ist auch M. Ward so ein Künstler, den ich ohne All Songs Considered nie kennengelernt hätte. Kalifornischer Sänger und Gitarrist, der schon einige Alben veröffentlicht hat, das hier ist sein neuestes. Was mir sehr gefällt, sind die kompakten, cleveren Songs, denen er quirlige Arrangements verpasst hat, wodurch er jede nur mögliche Peinlichkeitsklippe sicher umschifft. Schöne Sache.

The View – Which Bitch? (2009)
Schade, ich fremdle mehr mit diesem Album, als mir lieb ist. Der View-Erstling „Hats Off To The Buskers“ von 2007 war ein Volltreffer, mit vielen rotzigen, aber charmanten Rocksongs. Die gibt es auf der neuen Platte, und zwar zur Genüge. Nur ist die neue CD irgendwie seltsam produziert, The View klingen hier mehr nach Schülerband als auf ihrem Debüt. Aber trotzdem: schöne Songs, und über den Frühling werden wir schon noch Freunde, Which Bitch und ich.

The Waifs – From The Union Of Soul (2009)
Mit „From The Union Of Soul“ legt die australische Folkrock-Institution The Waifs ein Livealbum vor, das wirklich beachtlich ist: von Bluegrass bis Swing, von Songwriter-Pop bis 60s-Satzgesang können die beiden Damen und der Herr offenbar alles. Lustig, herzzerreißend melancholisch, gut gelaunt und doch stellenweise wehmütig… Geile Platte, ein musikgewordenes Antidepressivum.

Strand Of Oaks – Leave Ruin (2009)
Bei eMusic gehört, gemocht, auf gut Glück runtergeladen und seitdem sehr oft gehört: ein Mann, der eigentlich als Lehrer sein Geld verdient und nebenher Musik macht, verzieht sich in die Berge im Norden Pennsylvanias und kehrt mit dieser versponnenen kleinen Songwriter-Platte zurück. Wie Bon Iver mit etwas weniger Liebeskummer, nur anders.