Musik, Musik, Musik: The Head And The Heart, Bon Iver, Howie Day, The Felice Brothers, Warren Haynes, James Maddock, Aaron Comess, Marc Broussard, Openhearts Society, Dave Matthews Band, Ben Harper.

So much music, so little time – deshalb hier die Musik, die mich gerade durch den Frühsommer bringt, im Schnelldurchlauf:

The Head And The Heart habe ich vorgestern als Vorband beim Death Cab For Cutie-Konzert in Berlin erlebt. Live waren sie noch überzeugender als auf ihrem Album (denn live klingen sie größer, ergreifender, ausgereifter) – dennoch hat ihr Debüt tolle Momente und mit „Rivers And Roads“ einen DER Überhits meines Sommers 2011.

Howie Day hat ja vor ein paar Monden ein ganz okayes Comeback-Album namens „Sound The Alarm“ vorgelegt. Jetzt meldet er sich mit der neuen EP „Ceasefire“ erneut zurück. Vier der sechs Songs sind richtig gut – allen voran „No One Else To Blame“. Day kann auch hier wieder nicht an jene Unbefangenheit und Einzigartikeit seiner ersten beiden Alben anknüpfen, tolle Popmusik ist das aber allemal.

– Bleiben wir doch gleich bei einem Herrn, bei dem es mir ganz ähnlich geht: Marc Broussard hat ein selbstbetiteltes neues Album rausgehauen. Nach seinen Soul- und R’n’B-Tribute-Sachen probiert er es jetzt wieder mit eigenem Material. Und er überrascht mich sehr postiv. Na klar, diese Platte ist Mainstream hoch drei. Aber eben gut gemacht. Mit tollen Hooks, super Songs – und einer sexy Stimme, die alles zusammenhält.

Bon Iver. So ziemlich jeder musikinteressierte Mensch, der einen Internetzugang besitzt, hat schon irgendwas Cleveres über Justin Vernons neue Platte geschrieben. Stimmt auch, das meiste. Ist gut, das Teil. Größer, hymnischer als das bejubelte Debüt. Aber trotzdem ehrlich, aufrichtig, groß. Als ich neulich von einem 2zueins!-Gig nach Hause gelaufen bin, hat mich diese Platte begeistert – und für die Dauer des Heimwegs zum glücklichsten Menschen dieses Sonnensystems gemacht.

– An der Entstehung von James Maddocks neuem Album „Wake Up And Dream“ war ich aktiv beteiligt. Er hat die Aufnahmen durch den Dienst pledgemusic.com finanziert, und ich habe von Herzen gerne ein paar Rappen dazugegegeben. Maddock liefert einfach nur mehr von dem, was ich so an ihm liebe: herzhafte, organische Popsongs, mit dem großartigen Aaron Comess am Schlagzeug und der wunderbaren Leslie Mendelson an den Backing Vocals. Gestern hatte ich die handsignierte CD im Briefkasten, die mp3s darf ich schon seit ein paar Wochen genießen – Danke James für die gute Musik, mein Geld habe ich mehr als gut investiert.

– Noch mehr Post: heute kam endlich die „Live At Wrigley Field“-Box der Dave Matthews Band bei mir an. DMB haben die letzten beiden Shows ihrer 2010er-Sommertour als edles Boxset veröffentlicht, mit Bonus-Fotobooklet, handnummeriertem Kunstdruck und so. Ganz nebenbei ist die Musik großartig: sie spielen sich traumwandlerisch sicher durch ihr famoses Repertoire und haben mit „Needle And The Damage Done“, „Write A Song“, „Good Good Time“, „Sister“ und „Burning Down The House“ auch jede Menge angenehme Fanüberraschungen im Gepäck. Sicher, der Import war schweineteuer – aber für diese Band mach ich das gerne, immer und immer wieder.

– Mir fehlen die Worte, um zu beschreiben, wie sehr mich die Felice Brothers mit ihrem neuen Album „Celebration, Florida“ begeistern. Die Dylan-Soundalikes mit den geilen Songs entdecken die Elektronik und die richtig verzerrten Gitarren – und legen ihr vielleicht spannendstes, abwechslungsreichstes Album vor. Als Beispiel sei hier einfach das Video zu „Ponzi“ verlinkt. Genau so klingt diese sensationelle Platte – und doch sind fast alle Songs noch stärker als dieser hier:

Warren Haynes, der alte Freund. Hat parallel zum 2010er Gov’t Mule-Album mal eben ein soul-inspiriertes Soloalbum eingespielt. Solo wie in: mit ganz vielen anderen geilen Säuen, die nur halt nicht in seiner Stammband spielen. Da gibt es zum Beispiel ein Wiederhören mit Ivan Neville, der mir natürlich bestens durch sein Solowerk, seine Dumpstaphunk-Sachen und durch seine Zeit bei den Spin Doctors vertraut ist. „Man In Motion“ hält zwar nicht das von der Plattenfirma gegebene Versprechen, eine Soul- oder gar R’n’B-Platte zu sein. Aber auf alle Fälle präsentiert sie Warren Haynes on top of his game, und mit jeder Menge fantastischen Songs.

– Als Schlagzeuger der Spin Doctors sorgt Aaron Comess dafür, dass die funkieste Band der Welt zur funkiesten Band der Welt wird. Betrachtet man sein reges Schaffen als Solo-Künstler, stellt man schnell fest, dass dieser Mann mehr kann als „nur“ Trommeln. „Beautiful Mistake“ ist Comess‘ zweites Soloalbum, er hat alle Stücke geschrieben und produziert – und auch diesmal ist das alles andere als eine Schlagzeug-Nabelschau. Unglaublich, was für geile Ideen der Typ hat. Langjährige Freunde wie Teddy Kumpel (git) setzen perfekt um, was Comess sich zuvor erdacht hat. Habe selten eine derartig gute Instrumental-Platte gehört. Weltklasse.

– Bleiben wir kurz bei den Spin Doctors: Bandkollege Eric Schenkman hat, wenn er nicht gerade die Riffs zu „What Time Is It“ oder „Hungry Hameds“ intoniert, derzeit Bock auf „Rural Folk Boogie“ – so nennt Schenkmans neue Band Openhearts Society ihre Musik jedenfalls. Bisweilen erinnert mich das an Neil Young und manchmal an Sarah McLachlan, die neun Stücke sind kurzweilig, originell – und klingen so ganz und gar nicht nach Erics Stammband.

– Und schließlich ist da noch Ben Harper. Dessen neues Album „Give Till It’s Gone“ steht seit Mai in den Läden – und es fordert mich ziemlich heraus. Dass ich die Musik von Harper liebe, ist klar. Dass er immer wieder Sachen ausprobiert, die ihn wie auch seine Fans fordern, ist mir sehr sympathisch. Das Album mit „Relentless 7“ war ein bewusster Bruch mit der zuletzt eingetretenen Pop-Gefälligkeit seiner Stammband „Innocent Criminals“. Auch bei „Fistful Of Mercy“ konnte Harper sich zuletzt ausprobieren und mal wieder folkigere Klänge anschlagen. Jetzt also ein Soloalbum, das er mit den Relentless 7-Leuten, aber auch mit Größen wie Ringo Starr oder Jackson Browne eingespielt hat. Die Magie anderer Harper-Releases mag sich nicht gleich nach dem ersten Hördurchgang einstellen. Berührend, ergreifend und aufrichtig ist diese Platte aber dennoch. Nach und nach. Geduldig ist diese Platte und sie wird mit jedem Hören größer.

siebenSACHEN vom 1. März 2010

Konstantin Wecker über Käßmann und den „moralinsauren Mäuseaufstand

– Tolle Fotoserie der New York Times: „One in 8 Million“ – everyday people im Porträt

– Irgendjemand in New York nächste Woche (10. März)? Wenn ja, unbedingt hier hingehen (und mitschneiden!): Eric Schenkman & Aaron Comess (Spin Doctors) feat. Andy Hess (Gov’t Mule, Black Crowes), Rob Clores (John Popper, Black Crowes), Leslie Mendelson, James Maddock, Erik Lawrence u.a. Unfassbares Lineup, und das in der winzigen Rockwood Music Hall.

– Die Top-5-Gründe, warum Unternehmen sich vor Social Media fürchten (PR-Fundsachen.de)

– Vorerst kein Spotify-Start in Deutschland (Heise.de)

– Duett: Dave Matthews macht gemeinsame Sache mit Herbie Hancock (dmbnews.net)

Ben Harper & Relentless 7 – Why Do You Always Dress In Black / Red House

Die Top 7 der besten Konzerte meines Sommerurlaubs 08

7 – Kara Suzanne, Rockwood Music Hall, New York City, NY, 19. Juli 2008: eine mir bis dahin unbekannte Frau mit Wahnsinnsstimme, angenehm scheuer Bühnenpräsenz, einem super Pianisten und einer Handvoll geiler Songs verzaubert in einem New Yorker Mini-Schuppen anderthalb Dutzend gebannt lauschender Samstagabendgäste.

6 – Live, Red Rocks Amphitheatre, Morrison, CO, 4. Juli 2008: die eigentlich totgeglaubte Postgrunge-Band Live überrascht mit einem druckvollen und ganz und gar unpeinlichen (Achtung!!) Live-Set (hihihi, höhöhö, der musste jetzt mal sein) und liefert so den erstaunlich angenehmen Auftakt zum persönlichen Konzert-Highlight des Sommers (siehe Platz 1).

5 – Under The Influence Of Giants, Spaceland, Los Angeles, CA, 14. Juli 2008: seltsamer Scissor Sisters-Verschnitt bringt hippe L.A.-Szene-Twens zum Tanzen, hat grandiosen Groove, nur leider nicht so pralle Songs, gefeiert wird aber dennoch aufs Heftigste – und ich schwöre, da war der Bassist von Blind Melon im Publikum (file under: „Und, haste in den L.A. irgendwelche Promis gesehen? – Ja, den Basser von Blind Melon! Wahnsinn, oder?? – Wen bitteschön? – Ach, vergiss es…“).

4 – Spin Doctors, Greeley Stampede, Greeley, CO, 5. Juli 2008: Ehrenpreis für den seltsamsten Konzertmoment des Sommers – da spielt die Lieblingsband als Vorband (!) für Poison (!!) in einer Rodeoarena (!!!) in der konservativsten Ecke, die man um Denver herum nur erwischen kann (!!!!) – 45 Minuten geile Musik, aber auch 45 Minuten, in denen mir deutlich vorgeführt wurde, dass 2008 andere Bands als Spin Doctors echt angesagt sind… Nämlich:

3 – Poison, Greeley Stampede, Greeley, CO, 5. Juli 2008: Freunde, das war so schlecht, dass es schon wieder gut war – die Colorado-Cowboys und -girls im Publikum rasten aus, vergessen ihre gute Kinderstube und feiern 90 Minuten lang, als wäre das da vorne nicht eine Klischee-Hardrock-80s-Poserband, deren Sänger dank VH1 und MTV mal wieder im Gerede ist, sondern Bon Jovi feat. Aerosmith and The Liebe Gott persönlich – die vielleicht surrealste Liveshow meines Lebens, unvergeßlich.

2 – Leslie Mendelson & Band, Rockwood Music Hall, New York City, NY, 19. Juli 2008: eine kleine Frau und ihre saucoole Band brennen innerhalb von 50 Minuten mit ihrem punktgenauen, detailversessenen und dennoch wahnsinnig entspannten Rootsrock den inzwischen rappelvollen New Yorker Laden (vergleiche Platz 8, das war ne Stunde vorher) ab – traumhaft schöner Auftritt.

Und auf Platz eins bei den Top 7 der besten Konzerte, die ich in meinem Sommerurlaub sehen konnte…:

1 – Blues Traveler, Red Rocks Amphitheatre, Morrison, CO, 4. Juli 2008: die Erfüllung eines Traumes, den ich seit 12 oder 13 Jahren hatte – EINMAL bei einem der jährlichen 4th Of July-Red Rocks-Shows der Blues Traveler dabei sein…! Dieses Jahr war es also soweit, und die Show hat meine ohnehin schon hohen Erwartungen lässigst übertroffen – was für eine Nacht, was für ein Konzert.