Warren Haynes – Live at Bonnaroo (2004)

Er ist der Hans Dampf in allen Jamband-Gassen. Spielt mit den Dead (der Jetztwojerrygarciatotist-müssenwirjatrotzdemmusikmachenundgründeneinegratefuldeadrestmitgliederhurrawirlebennochnachfolgeband), den Allman Brothers, hat seine eigene Band Gov’t Mule (das neue Album dürfte bald vom netten DHL-Mitarbeiter geliefert werden) und ist überhaupt, erlaube mir diesen Ausdruck, ne coole Sau.

Im Jahr 2003 spielte Warren mit beim Bonnaroo-Festival, einer Art 21.-Jahrhundert-Version der Festivals Marke Woodstock, als Gast bei Widespread Panic mit, und als Gitarrist bei den Allmanns. Und: er hatte die undankbare Aufgabe, an einem der Festivaltage mittags um halb eins auf die Bühne zu gehen, um ein Solo-Set zu spielen.

Was anfangs nur ein paar tausend hartnäckige Fans aus den versifften Zelten herauslockte, sollte am Ende des Auftritts mehrere zehntausend begeistern (so will es zumindest die Legende, die Warren auch im Booklet zur CD pflegt): da steht ein gestandener Rocker, Mitte vierzig muß er sein, und singt sich, nur mit einer Gitarre bewaffnet, die Seele aus dem Leib. Singt Stücke der Grateful Dead, von Radiohead und U2. Wo er das gar nicht nötig hätte, sind doch die Stücke aus seiner eigenen Feder (Beautifully Broken! Beautifully Broken!!! Deepest End-Version! Hammer!! Aber die hier is auch schön) mindestens ebenbürtig.

Okay, Warren Haynes sieht so aus wie mein guter Freund Robert in zwanzig Jahren aussähe, tränke er fürderhin nur noch und reichlich Bier. Aber das hört man erstens auf einer CD nicht, dürfte mir zweitens mit wesentlich höherer Sicherheit ebenso widerfahren, und ist drittens sowieso egal. Deswegen ist diese Platte, veröffentlicht in diesem Sommer, rundum empfehlenswert. Für ruhigere Stunden.

Ach ja, probier mal den Bistdueinklotzodertustdunurso-Test anhand dieser CD: Frag einen Menschen, der Dir viel bedeutet, beim Eagles-Cover „Wasted Time“ einfach mal, was er über diesen Song denkt. Denkt er nicht viel, oder überhaupt nichts, oder zeigt nicht im geringsten eine Reaktion, dann wird ihn nichts, aber auch absolut gar nichts auf dieser Welt zu einem nennenswerten Gefühlsausbruch bewegen. Klappt immer, der Test.

Nix wie hin: musikreportage.de

Doch, es gibt sie. Deutschsprachige Musik, die Spaß macht, die Dich nachdenken läßt, die Dich mitreißt. Aufreibt. Anregt. Und die nicht von den üblichen Verdächtigen stammt. Musik von Künstlern, die auf Namen wie Niels Frevert, Garish oder Justin Balk hören.

Solche Musik hört das kleine, aber feine Team von musikreportage.de offensichtlich auch recht gerne. Schließlich porträtiert es bevorzugt Künstler wie die oben genannten. Und das tut es in herrlich subjektiven, phantasievoll gestrickten Reportagen. musikreportage.de ist offensichtlich kein kommerzielles Projekt, hier scheinen Fans das Heft in der Hand zu halten.

FAZIT
Das Ergebnis: eine sicher viel zu wenig beachtete Internetpräsenz voller lesenswerter Texte. Natürlich gibts für die Macher aber keine Landesgrenzen. Neben Porträts von Bands aus dem deutschsprachigen Raum gibts auch Reportagen über Musiker wie Marla Glen, The Boomtown Rats oder Therapy. Wundervolle Seite. Unbedingt besuchen!

Mixtape (1): Spätsommersongs

Musik für die letzten sommerlichen Sonnenstrahlen, und die ersten kuschelig-nachdenklichen Herbstmomente. Möge Dich diese sanfte, meist sehr stille Musik ganz zart in die kühleren Jahreszeiten hinübertragen, und Dir immer mal wieder ein wissendes Lächeln auf die Lippen zaubern: „Der nächste Sommer kommt bestimmt!“

01 MAX – MORNING TIME
Den Anfang macht ein melancholisches Liebeslied einer britischen Band, aus der nie etwas wurde: Max. Die fünf Herren brachten 1992 ein wunderbar verträumtes, sehnsüchtiges Popalbum auf: „Silence Running“ ist ein gefragter Sammlerartikel geworden, aber mehr nicht. Schade eigentlich. Das bestechende Tempo und die sanfte Instrumentierung machen aus „Morning Time“ einen Song, der eigentlich täglich auf guten Radiostationen laufen könnte…

02 LENNY KRAVITZ – ELEUTHERIA
Ein entspannter Reaggae von Lenny Kravitz, aufgenommen in den frühen Neunzigern. „Eleutheria“ ist angeblich eine Insel irgendwo in der Karibik, auf der Herr Kravitz wohl das ein oder andere Jahr seiner Kindheit verbracht hat.

03 JASON MRAZ – YOU AND I BOTH
Der gute Jason aus Amerika ist so alt wie ich, schreibt leicht neurotische, aber immer sehr herzliche Lieder, und hat sich in den letzten 2, 3 Jahren in den Staaten eine recht ansehnliche Fangemeinde erspielt. Schuld daran sind unter anderem Songs wie dieser: „You And I Both“.

04 ELEMENT OF CRIME – DAS ALLES KOMMT MIT
Was für ein herrliches Lied! Sven Regener ist einfach einer der begnadetsten Poeten unserer Muttersprachregion. Ein Stück aus dem zweiten deutschsprachigen Album der Berliner Band, „Weißes Papier“. „Das alles kommt mit“ war ein Song, den ich eine zeitlang bei jedem Lagerfeuer, das gerade irgenwo entfacht wurde, zur Gitarre geschrammelt und aus voller Kehle gesungen habe… Nie schön, aber immer sehr leidenschaftlich.

05 BLUES TRAVELER WITH ZIGGY MARLEY – NO WOMAN NO CRY
Diese Performance läßt mich zur Zeit einfach nicht los. Wie die Herren Blues Traveler und Mister Bob Junior hier diesen Song interpretieren, ist schon geil – völlig respektvoll, trotzdem eigen und unaffektiert. Toll, toll, toll. Und keiner kann so lange wie John Popper – einen einzigen Ton halten…

06 MARC COHN – SAINTS PRESERVE US
Bleiben wir noch kurz in New York. Marc Cohn hatte mal einen Riesenhit mit „Walking In Memphis“. Aber auch die Alben, die nach dem Hit kamen, hatten es echt in sich, leider ohne eine allzu breite Öffenntlichkeit zu erreichen. „Saints Preserve Us“ (übrigens mit Aaron Comess von den Spin Doctors am Schlagzeug) ist eine der tollsten Nummern aus dem Album „Burning Daze“.

07 JELLYFISH – THE MAN I USED TO BE
Die Band Jellyfish galt im Jahr 1990 als „das nächste große Ding“ in den Staaten. Die Kritiker überschlugen sich vor Lobesarien auf das erste Album der Jungs, da wurde gar von den „neuen Beatles“ gesprochen! Ganz so extrem würde ich das nicht sehen, aber in der Tat ist das Debutalbum dieser fünf Herren eines der besten Popalben, die ich je gehört habe. Das hier ist der anfangs etwas schwermütige, zum Schluß hin dann aber quicklebendige Opener ihres selbstbetitelten Erstlings.

08 STOPPOK – UND RETOUR
Das nächste Stück hat musikalisch eine sehr ähnliche Grundstimmung wie „The Man I Used To Be“. Nur isses halt auf Deutsch gesungen, und nicht ganz so pompös. Und vor allen Dingen ist es natürlich ein völlig eigenständiger, anderer Song. Stoppok mit einer macho-esken Liebesschnulze, in gewohnt lakonischem Vortrag. Einfach ganz großes Kino. Aus dem sehr empfehlenswerten Stoppok-Album „Silber“. „Es schien, als wäre, im Grund genommen, jeder mit jedem auf den Hund gekommen…“

09 VANESSA PARADIS – AS LONG AS YOU ARE THERE
Da schleicht sich doch glatt der Herr Kravitz nochmal durch die Hintertür auf diesen Sampler. Soll er, gerne. Lenny hat nämlich in den frühen Neunzigern mal ein Album von Vanessa Paradis produziert. Und diese angenehm soulige Nummer ist einfach ein Lied, was man im September und Oktober gerne hören möchte. Immer noch fröhlich, aber längst nicht mehr so aufdringlich-schwül wie die ganzen Sommerhits, die glücklicherweise größtenteils hinter einem liegen.

10 BEN FOLDS – TINY DANCER
Nein, was freue ich mich auf Ende November!! Da werde ich diesen Herrn endlich wieder live erleben – und zwar genau so, wie Du ihn hier hörst: Solo, nur mit einem Klavier bewaffnet. Ben Harper ist einer der einfühlsamsten Songschreiber unserer Zeit. Und gleichzeitig ein ausgemachter Virtuose an den Tasten. Der Knabe kann tatsächlich mit dem Hintern, den Füßen und auch mit dem Rücken zum Klavier in die Tasten hauen. Was natürlich die im Grunde recht besinnliche Atmosphäre eines Ben Folds-Konzertes enorm auflockert. „Tiny Dancer“ ist von Bens wunderbarem Solo-Live-Album.

11 JOSEPH PARSONS – ANGELINE
Joseph Parsons ist einer dieser Musiker, die tagein, tagaus in irgendwelchen Kneipen und kleinen Clubs spielen, und immer mal wieder eine Platte aufnehmen, die dann auf einem Mini-Label veröffentlicht werden. In diesem Fall ein amerikanischer Musiker mit einem Label aus Baden-Würtemberg. Inzwischen ist Joseph Parsons auch Mitglied der Combo „Hardpan“, bei der ja auch sein Kumpel (und das meine ich tatsächlich so, die zwei sind gut befreundet) Todd Thibaud mitsingt.

12 COMPAY SEGUNDO & ANTONIO BANDERAS – BEAUTIFUL SOUL OF MARIA

Im vergangegen Jahr ist Compay Segundo gestorben, in einem gesegneten Alter oberhalb der 70. Compay war Teil des von Ry Cooder wiederentdeckten Buena Vista Social Club. Nach dem enormen Erfolg des BVSC hat Compay (sein Name bedeutet übrigens „zweiter Kumpel“, weil er im Social Club immer der war, der die Harmoniegesänge, also die zweiten Stimmen, übernahm) noch ein paar Soloalben rausgebracht. Und eine CD voller Duette. Wie zum Beispiel dieses ergreifende Stück mit dem Schauspieler Antonio Banderas. Sehr interessante Kombination, oder?

13 EELS – MISTER E’S BEAUTIFUL BLUES
Eine Gutelaunenummer von Obermegasuperschrulle E von den Eels. Das war die erste Single des fantastischen Albums „Daisies Of The Galaxie“. Aber nicht, dass dieser Song irgendwie regulär auf der Scheibe auftauchen würde, nö, das ist der versteckte Titel ganz am Ende der Platte. Er is halt eigen, der E. Aber er schreibt einfach tolle Lieder. Wie zum Beispiel dieses. Nein, das ist nicht Dein Telefon, was da gerade klingelt. Das kommt von der CD.

14 DAVID GRAY – SAIL AWAY
Jahrelang krähte kein Hahn nach ihm, inzwischen ist er einer der gefeiertsten Poppoeten der britischen Insel. David Gray aus Wales schaffte mit seinem Album „White Ladder“ nach vier schrecklich erfolglosen, aber dennoch umwerfend schönen Alben den Durchbruch. „Sail Away“ ist ein Stück aus dieser hypnotisierenden Sammlung. Diese Version, die Du hier hörst, ist allerdings die Single-Version, die etwa eineinhalb Jahre nach Veröffentlichung des Albums nochmal etwas aufgemöbelt wurde, und ein wenig frischer daherkommt als auf der Scheibe. Aber alles in allem ist es der gleiche Song. Nur mit mehr Bass.

15 WILLY PORTER – ANGRY WORDS
Und ganz ohne böse Worte oder Gefühle verabschieden wir uns langsam, aber sicher von diesem seltsam unspektakulären Sommer – zumindest, was das Wetter anbelangt. Aber immerhin versprechen uns die Wetterfrösche einen goldenen Oktober. Was ja auch viel Wert ist. Willy Porter liefert den Soundtrack zum ersten Blatt, was Du von einem Baum segeln siehst. Ja, es ist schon wieder soweit. But I have no angry words to say.

16 SMH – WIEDER EIN JAHR
Da kommt natürlich gleich noch ein Herbstsong hinterher. Das Lied fanden besonders die Mädels immer toll, wenn wir es live gespielt haben. Weil es doch so romantisch wäre. Komisch, dabei hab ich das Lied gar nicht als Jahreszeitenbeschreibung verstanden. Geschrieben am ersten Todestag meiner Großmutter, im Oktober 1997.

17 DAVE MATTHEWS BAND – THE SPACE BETWEEN
Ach, was haben sich die Fans aufgeregt. Wie konnte die DMB nur „Everyday“ veröffentlichen. Dieses schrecklich kommerzielle, glatt produzierte Album. Wo die Jungs doch unsere Alternative-Helden sind! Verrat! Alles Quatsch. Ja, mit „Everyday“ haben die Herren eine Platte gemacht, die deutlich mehr Menschen zugänglich war als die Platten zuvor. Aber betrachtet man sich mal die einzelnen Songs, kommt man nicht umhin zu attestieren, dass das alles sehr clevere, ausgereifte und ergreifende Kompositionen sind. So eine Ballade wie „The Space Between“ ist für mich einfach Weltklasse. Egal, was die stets unzufriedenen Hardcore-Fans meckern mögen.

18 OCEAN COLOUR SCENE – TELE HE’S NOT TALKING
Auf Ocean Colour Scene ist Verlaß – die vier schreiben einfach tolle kleine Lieder, die ins Herz treffen. „Tele He’s Not Talking“ stammt von meinem heimlichen Lieblingsalbum der OCS, „Marchin‘ Already“.

19 SUNHOUSE – HARD SUN
Mein kleiner Spätsommerzyklus endet mit alten Bekannten. Sowohl den Schlagzeuger dieses Stückes als auch die Backround-Sängerin haben schon eingangs für uns musiziert – im kleinen Kreis von „Max“. Es handelt sich um John Reynolds und Sinéad O’Connor. Die beiden unterstützen hier eine andere wunderbare Band, der völlig zu Unrecht eine große musikpublizistische Öffentlichkeit verwehrt blieb. Tja, so schließt sich der Kreis. Soll der Winter doch kommen.

Nix wie hin: nancies.de

Die Dave Matthews Band zählt zu den erfolgreichsten, aber auch innovativsten Acts in den USA. Konzerte vor 20.000, gern auch 40.000 Gästen jeden Abend sind bei DMB (Fanjargon) keine Seltenheit.

Was ja noch nichts über die Musik der Combo aussagt. Aber auch die kann sich hören lassen. Ein schwer eingrenzbares Konglomerat aus Pop, Folk, Funk und Rock ist das. Charakteristisch für den Sound von DMB sind Geige und Saxophon, aber auch die verblüffend prägnante, glasklar und akzentuiert gespielte Gitarre des Sängers Dave Matthews. Um als Fan zu sprechen: das ist tolle Musik, detailverliebt, ausschweifend, extatisch, einmalig. Absolut hörenswert.

Leider kann DMB keine allzu große Fanschar in Europa vorweisen (was sicherlich auch der Band und ihrem Management anzulasten ist, aber das ist ein ganz anderes Thema). Dennoch gibt es sie, die europäischen und auch deutschen Nancies (so nennen sich die Fans in den USA seit Jahren, nach einem frühen Song der Band). Und die haben seit Januar 2003 auch ein gemütliches Zuhause im Internet gefunden. Auf nancies.de nämlich. Da gibts alles, was man so braucht, als Fan. Und auch mehr sogar (wer braucht 41 Gründe warum DMB „the Best of What’s Around“ sind? Andererseits: wer braucht Weblogs wie meines hier?)

Natürlich findet sich auch ein recht rege genutztes Forum auf nancies.de. Hier wird gestritten, debattiert, getauscht, kritisiert und geholfen – wie in jeder normalen Familie auch.

FAZIT
nancies.de ist eine äußerst gelungene Fanseite mit verdammt viel und verdammt gutem Lesestoff. Im Forum gehts hier und da auch mal ein wenig kindisch zu, was den Autoren dieses Textes aber nicht davon abhält, dort gern und viel mitzuschreiben und zu debattieren. Du triffst mich dort gelegentlich – na klar – als MoreThanMeetsTheEar.

Ben Folds – Speed Graphic / Sunny 16 / Super D (2003/2004)

Wenn die intimste Berührung, die Du seit langer Zeit gespürt hast, die einer gelangweilten Friseur-Azubine (Typ: war mal Punk, steht jetzt auf Gothicdudel) ist, die Dir mißmutig die Haare wäscht; wenn Dir Dein Lieblingsrezept (Salbei-Tomaten-Hühnchen mit Mozarella) nicht mehr einfällt, weil Du schon lange für niemanden mehr ein Essen zaubern brauchtest; wenn Du in einer Woche aus Langeweile mehr Bücher (Hesse, Eco, Mann) gelesen hast als sonst in einem ganzen Jahr; wenn Du langsam, aber sicher Gefallen an dem Gedanken findest, in eine andere Stadt (Hamburg? Wien?) zu ziehen, weil es ja eh egal ist, wo Du wohnst; kurz: wenn Du Dich wie der einsamste Zeitgenosse auf dem Erdenrund fühlst, dann gibt es Musik, die Dir glaubhaft vermitteln kann, dass alles halb so schlimm ist. Mehr noch: dass eigentlich alles gut ist, und dieses vermaledeite Selbstmitleid auch wieder vorrübergehen wird. Ben Folds‘ neueste EPs sind voll solcher Musik.

Er hat sie „Speed Graphic“, „Sunny 16“ und „Super D“ genannt und in den vergangenen anderthalb Jahren nach und nach veröffentlicht. Weil er jetzt ein eigenes Studio hat, und seine Musik immer dann veröffentlichen will, wann es ihm paßt. Immer sind fünf Stücke drauf, ein paar Cover (The Cure zum Beispiel), mal gehts ein wenig flotter zu, doch meistens sehr gediegen. Alles in allem satte sechzig Minuten Musik. Soweit die technischen Details.

Doch was hörst Du da? Ist das Elton John auf Gras? Adam Green in schön? Sinds die verschollen geglaubten Tagebücher von John und Paul? Vor allen Dingen sind es fünfzehn unnachahmliche, leidenschaftliche Lieder. Nichts, was jemanden, der bereits ältere Folds-Platten („Rockin The Suburbs“, „Whatever And Ever Amen“) kennt, überraschen würde. Das ist ein Kompliment. Denn nur selten hörst Du derart begnadete Songschreiber, derart virtuose Pianisten, derart – herzliche Menschen.

„Speed Graphic“, die erste der drei EPs, kommt sehr leichtfüßig daher. „Give Judy My Notice“, bittet der Knabe. Er singt von „Protection“, bietet sie Dir an, und sucht sie zur gleichen Zeit. Genau wie Du. Und er schließt mit „Wandering“, einem Song, der Dich unverzüglich der grobschlächtigen Friseuse von vorhin vergeben läßt. Denn Du hast da etwas viel näheres, zarteres, liebevolleres gefunden.

Müßte er nochmal von vorn anfangen, er benutzte „Sunny 16“ als sein Demotape, schreibt Ben auf seiner Homepage. Recht hat er: mit dieser CD sänge er sich in die Herzen seines bald sehr treuen und ergebenen Publikums. Das sind fünf federleichte, entzückende „beautiful songs of love“. Wie ein Rendezvous bei Kerzenlicht, mit Dreigängemenü und einem Gegenüber, das fast zu gut ist, um wahr zu sein.

„Super D“ fordert Dich da schon etwas mehr. Die jüngste der drei EPs verbüfft Dich erstmal mit deutlich zickigeren, gereizteren Klängen. Um dann doch wieder liebevoll und zart zu enden – mit einer unfaßbaren Interpretation von Ray Charles‘ „Them That Got“, aufgenommen in Boston. Ja, Boston, das wär auch was. Soll schön sein dort.

Hör sie Dir an. Lass Dich entführen, begeistern, berühren. Du wirst lächeln, den wohligsten Wonneschauer seit langem spüren. Du wirst leise „Danke“ sagen, und zum ersten Mal in dieser Woche glücklich zu Bett gehen. Gerade so, als wäre alles gut. Aber halt: Es IST ja alles gut.

NP: Ben Kweller – On My Way (2004)

Hier ist nichts perfekt. Gar nichts. Hier ist alles rau, ungefiltert, ehrlich. Diese Platte rotiert seit vier Tagen in meinem CD-Player. Gott sei Dank. Dieser 23jährige Nerd, Außenseiter, Freak zaubert hier 42 Minuten Musik, die mich umhaut. Ben Kweller ist ein ganz großer, auch, wenn alles, was er spielt, ganz klein klingt. Eine große, fette Produktion? Wozu? Wo doch die Songs auch so bestehen können. Und Dich mitten ins Herz treffen. Hier wird geschrammelt, gelitten, gelebt. Schön, dass es dieses Album gibt.

Ach ja, willkommen!

Willkommen zu einem neuen Weblog voller Musik. Voller Sehnsucht, subjektiver Einschätzungen. Voller Glücksgefühle und Gedanken. Denn auch wenn das abgedroschen oder flach klingt: Musik ist für mich das schönste, was mir in meinem Leben immer und immer wieder begegnet.

Deshalb soll es in diesem Weblog um Musik gehen. Meinungen, Empfehlungen, Gedanken rund um Musik, die mir gefällt. Und die vielleicht auch Dir gefallen wird. Nein, kein Musik-Tagebuch. Keine perfekt formulierten Rezensionen. Einfach Schnipsel, Splitter meines Lebens, an denen Du gerne teilhaben darfst. Und sollst.

Zu meiner Person: ich heiße Daniel, bin 26 Jahre alt, und lebe und arbeite als Hörfunkredakteur in Leipzig, Deutschland. Privat beschäftige ich mich, so oft ich nur kann, mit Musik. Entweder solo, oder mit meiner Band dunkelblau. Oder auch mit der Musik anderer. Das alles erklärt bislang nur einen Teil des Namens dieses neuen Weblogs. „More Than Meets The Ear“ ist der zweite Teil des Namens. Und der Name eines Songs, der die Welt für mich bedeutet. Und der Name einer Website, um die ich mich kümmere. Ja, um eine Fanseite im Internet. Und das tue ich sehr, sehr gerne, und aus voller Überzeugung.

Warum schreiben Menschen Weblogs? Ich kann und will darauf keine allgemeingültige Antwort geben. Für mich selbst kann ich sagen: um mit Dir ins Gespräch zu kommen. Um Dich anzuregen, aufzuregen, zu Reaktionen zu bewegen. Um mit neuen und alten Freunden zu diskutieren, zu schwärmen, Musik zu erleben. Ja, wie wär’s denn damit: Lass uns zusammen ein wenig älter, weiser und glücklicher werden. Das wär doch schon mal was!

Auf eine gute Zeit!
Daniel

Now playing: Jason Mraz Live: Tonight, Not Again
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